Süddeutsche Zeitung

Mitgliederentscheid:So diskutieren SZ-Leser das SPD-Votum

Den meisten bereitet die Aussicht auf die nächste große Koalition keine Freude - aber auch die Befürworter haben gute Argumente. Welche Punkte ihnen besonders wichtig sind.

Deutschland kann nun endlich eine Regierung bilden: Zwei Drittel der SPD-Mitglieder haben für die große Koalition gestimmt. Ob sie das voller Tatendrang oder nur aus Vernunftgründen getan haben, ist nicht bekannt.

Die Begeisterung der SZ-Leserinnen und Leser hält sich jedenfalls in Grenzen: Auf die Frage, ob sie sich auf die Neuauflage der großen Koalition freuen, antworten 67 Prozent mit "nein", 33 Prozent bejahen. 3825 Menschen hatten bis Sonntagnachmittag an der Umfrage teilgenommen.

grundrechtsnerd ist gegen die große Koalition, "weil weiterhin nur mit Hilfe einer komfortablen Haushaltslage verwaltet wird, statt die wirklichen Zukunftsherausforderungen aktiv anzupacken". Der Leser Poetnix befürchtet sogar, die GroKo sei eine Gefahr für die parlamentarische Demokratie: "Sie schwächt die Opposition bis zur Unkenntlichkeit. Damit werden notwendige Sachauseinandersetzungen im Parlament fast unmöglich."

dschumbon argumentiert, dass eine große Koalition eine Ausnahme bleiben sollte. "Diese Art der Regierung, zumal unter einer Kanzlerin wie Merkel, stärkt die politischen Ränder (insbesondere rechts außen) und fördert in der sogenannten Mitte der Gesellschaft Gleichgültigkeit und Politikverdrossenheit. Die deutsche Sozialdemokratie wird damit bis zur nächsten Bundestagswahl in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sein. Das kann niemand ernsthaft wollen." Eine Minderheitsregierung sei die einzige Chance gewesen, wirklich etwas zu verändern, schreibt rage. "Nun bleibt alles beim Alten, es kommt wieder keine echte Auseinandersetzung mit den Problemen dieses Landes zustande."

Die Befürworter der großen Koalition unter den SZ-Lesern sehen hingegen die Chance auf eine stabile und handlungsfähige Regierung - und für die SPD die Möglichkeit, eigene Projekte durchzusetzen. "Angesichts all der nationalen und internationalen Krawallmacher, Sprücheklopfer und nihilistischen Niedergangspropheten, die nur an halbstarker Lautsprecherei, aber an konstruktiver Politik überhaupt kein Interesse haben, ist dieses Signal der Stabilität tatsächlich ein (kleines) Glück", schreibt bonedaddy.

Außerdem würden die Leistungen der letzten Union/SPD-Regierung nicht angemessen wertgeschätzt, findet Hardy. In der aktuellen parlamentarischen Situation hätten die beiden wichtigsten demokratischen Parteien die Verantwortung, das Land zu führen. Lucky Stieler erinnert daran, dass "ganz Europa" auf Deutschland schaut. Wenn die Regierungsbildung wieder nicht funktioniert hätte, wäre das "einfach nur peinlich" gewesen.

"Hätte sich die SPD - wie es Schulz sofort nach der Wahl unüberlegt hinausposaunte - für die Opposition entschieden, wäre sie jahrelang bedeutungslos geworden", findet commencal. "So hat sie die Chance, durch Profilschärfung in der Regierung und nach innen, durch kluges politisches Handeln und neue, zeitgemäße, an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Konzepte Wähler wieder zurück zu gewinnen. Wetten, dass?"

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