Süddeutsche Zeitung

Amazonas-Synode:Papst Franziskus will Zölibat nicht lockern

Lesezeit: 3 min

Von Annette Zoch

Papst Franziskus erlaubt die Weihe verheirateter Männer zu Priestern vorerst nicht. Auch Frauen sollen keine Weiheämter in der Kirche zukommen. In seinem mit Spannung erwarteten Apostolischen Schreiben "Querida Amazonia" (deutsch: Geliebtes Amazonien, hier die Erklärung im Wortlaut) spricht er von den besonderen Aufgaben der Priester, die "nicht delegierbar" seien. In dem Schreiben fasst er seine Gedanken zur Amazonas-Synode vom vergangenen Oktober zusammen. Es wurde an diesem Mittwoch vorgestellt.

Zu den besonderen Aufgaben zählen die Eucharistie und die Beichte, diese Amtsgewalt könne nur im Weihesakrament empfangen werden. Die Mehrheit der Teilnehmer der Synode, die sich mit den spezifischen Problemen der Amazonas-Region beschäftigte, hatte sich für die Weihe sogenannter "Viri Probati" (bewährter Männer, die auch verheiratet sein dürfen) ausgesprochen sowie dafür zu prüfen, ob man Frauen zu Diakoninnen weihen könne.

In den abgelegenen Amazonas-Gemeinden herrscht ein eklatanter Priestermangel, sodass viele Gemeinden teilweise monatelang keinen Priester sehen und weder die Eucharistie feiern noch beichten können. Franziskus geht in seinem Schreiben nicht auf verheiratete Männer für diese besondere Region ein. Stattdessen fordert er alle Bischöfe zu mehr Gebet um Priesterberufungen auf. Außerdem sollten die Bischöfe diejenigen, die eine "missionarische Berufung" zeigten, dazu bewegen, sich für das Amazonasgebiet zu entscheiden.

Franziskus würdigt zwar "die Kraft und die Gabe der Frauen", die die Gemeinden im Amazonasgebiet mit "bewundernswerter Hingabe und leidenschaftlichem Glauben" aufrechterhielten. Weiheämter für Frauen - und damit verbunden mehr Macht - lehnt er dennoch ab. Dies würde zu einer "Klerikalisierung der Frauen hinlenken und den großen Wert dessen, was sie schon gegeben haben, schmälern".

Vor allem diese beiden Punkte dürften bei Katholiken in Deutschland große Enttäuschung auslösen. Beim kürzlich gestarteten Synodalen Weg, einem gemeinsamen Reformprozess von Deutscher Bischofskonferenz und katholischen Laienvertretern, soll es auch darum gehen, das Vertrauen in die Kirche wieder zu stärken. Vielen Gläubigen sind der Umgang mit dem Zölibat und die Rolle der Frauen in den Gemeinden dabei ein großes Anliegen.

"Herber Schlag für alle Frauen"

"Ich sehe nicht, dass eine Diskussion abgeschlossen ist", sagte Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Franziskus fordere in seinem Schreiben auf, weiter über die Themen Zölibat und Weiheämter für Frauen zu diskutieren. "Ich habe nicht den Eindruck, dass der Papst das Thema vom Tisch nimmt", sagte Marx. Allerdings seien dabei die Unterschiede zwischen der Amazonas-Region und anderen Teilen der Welt zu beachten. Papst Franziskus gebe in seinem Schreiben "eine ganze Reihe an pastoralen Anregungen" auch für den Synodalen Weg.

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) hingegen sprach von einem "herben Schlag für alle Frauen, die auf ein starkes Signal zur Gleichberechtigung in der katholischen Kirche gehofft haben". Es sei "unerträglich, dass die Amtskirche weiterhin Frauen gleiche Rechte abspricht und sie aus biologistischer Argumentation heraus zu Dienstleisterinnen degradiert", sagte die stellvertretende kfd-Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der in Brasilien lebende deutsche Theologe Paulo Suess zeigte sich ebenfalls enttäuscht von dem Schreiben. "Die Situation der priesterlosen Gemeinden im Amazonasgebiet wird sich nicht nur durch Berufungspastoral, Gebet, Entsendung von Missionaren und Umstrukturierung der Ausbildung lösen lassen", sagte er.

Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, hatte sich mehr erwartet: "Wir bedauern sehr, dass Papst Franziskus hier in seinem Schreiben keinen Schritt nach vorne wagt. Vielmehr befestigt er sowohl in Bezug auf den Zugang zum Priesteramt, wie auch die Beteiligung von Frauen an Diensten und Ämtern der Kirche, die bestehenden Positionen der römischen Kirche", sagte er.

Mehr Platz für Fragen der Ökologie und Ausbeutung von Menschen

Franziskus habe in seinem Schreiben einen Blick, der weiter gehe als diese dialektischen Streitfragen, erläutert der päpstliche Mediendirektor Andrea Tornielli. Die Frage der Weihe verheirateter Männer werde bereits seit langem diskutiert und könne in Zukunft weiter diskutiert werden. Der Papst habe sich stattdessen - nach Gebet und Nachdenken - entschieden, auf diese Fragen zu antworten, ohne dabei Änderungen an der kirchlichen Lehre vorzunehmen. Stattdessen solle man wieder mehr nach den Grundlagen fragen und auf das Handeln Gottes vertrauen - "statt auf die Marketing-Strategien und Kommunikationstechnologien religiöser Influencer", so Tornielli.

Größeren Raum nehmen in Franziskus' Schreiben dafür Fragen der Ökologie und der Ausbeutung der Menschen ein. In ungewöhnlich poetischen Worten, mit zahlreichen Zitaten lateinamerikanischer Dichter wie Pablo Neruda, schreibt Franziskus über das Amazonasgebiet, das für das "gemeinsame Haus" unschätzbar wichtig sei. "Das Gleichgewicht des Planeten hängt auch von der Gesundheit Amazoniens ab", schreibt Franziskus und ruft die Menschen auf, den "Schrei Amazoniens" zu hören.

In scharfen Worten wendet er sich gegen nationale und internationale Unternehmen. Sie beuteten das Gebiet aus, nähmen der indigenen Bevölkerung die Lebensgrundlage und machten die Wirtschaft zu einem "Instrument, das tötet", schreibt Franziskus. Gleichzeitig ermahnt er auch die eigene Kirche, die kulturellen Wurzeln der indigenen Völker zu achten. Deren spezifische religiöse Ausdrucksformen sollten nicht vorschnell als Aberglaube oder Heidentum abgetan werden.

Er spielt damit auf die Kontroverse um die Pachamama-Figuren während der Amazonas-Synode an. Die "Pacha Mama" (Mutter Erde) wird in zahlreichen indigenen Kulturen Lateinamerikas verehrt. Bei der Synode waren einige dieser Figuren in der Karmeliterkirche Santa Maria in Traspontina in Rom ausgestellt, bis sie von rechtskonservativen Aktivisten entwendet und in den Tiber geworfen wurden.

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