Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hat sich scharf vom früheren Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, distanziert. Zugleich forderte sie am Dienstag im Deutschlandfunk den Bundestag auf, eine Wahrheitskommission zu gründen und rechtliche Standards für eine Aufarbeitung von Missbrauch in allen Teilen der Gesellschaft festzulegen. Weder die Kirchen noch andere Institutionen dürften künftig die Möglichkeit haben, eine Aufarbeitung von Missbrauch zu unterlaufen.
Stetter-Karp sagte, der frühere Freiburger Erzbischof Zollitsch sei ein Heuchler, der bei der Aufarbeitung von Missbrauch das Kirchenrecht komplett ignoriert, die Öffentlichkeit belogen und Missbrauchstäter geschützt habe. Den von Zollitsch 2010 nach der Aufdeckung des Skandals organisierten Gesprächsprozess in der Kirche bezeichnete sie als Ablenkungsmanöver, mit dem die Probleme verkleistert werden sollten. Dass führende Bischöfe wie Zollitsch oder der Mainzer Kardinal Karl Lehmann Aufklärung systematisch verhindert hätten, habe sie nicht durchschaut, sagte die ZdK-Präsidentin.
Nach der Veröffentlichung des Freiburger Missbrauchsberichts haben fünf Privatpersonen Anzeige gegen Zollitsch gestellt. Dies teilte die Staatsanwaltschaft Freiburg mit. Die Behörde ließ offen, ob darunter auch Strafanzeigen von Missbrauchsopfern sind. Untersucht werde der Vorwurf der Strafvereitelung. Zugleich prüfe man, ob sich aus dem am 18. April veröffentlichten Missbrauchsbericht neue Hinweise auf mögliche Straftaten ergäben. Zollitsch war von 1983 bis 2003 Personalreferent des Erzbistums Freiburg. Von 2003 bis 2014 stand er als Erzbischof an der Spitze der Diözese, und von 2008 bis 2014 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.