Am Anfang, im Jahr 1999, hatte man noch etwas Verständnis für die UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo. Wer die Männer aus Pakistan, Uruguay, Bangladesch, Nepal, Südafrika, Indien, Marokko oder Tunesien besucht hat, der konnte durchaus auch Mitleid bekommen. Die Soldaten campieren oft in riesigen Mannschaftszelten am Rande des Regenwaldes oder mitten im Dschungel, keiner von ihnen spricht Lingala oder Kisuaheli, und keiner kann einen Tutsi von einem Hutu oder einen Lendu von einem Hema unterscheiden - wie auch?
Das können oft selbst Kongolesen nicht, der UN-Auftrag aber lautet, diese verfeindeten Gruppen im Herzen Afrikas auseinanderzuhalten. Was liegt da näher, als im Zelt zu bleiben, oder, wenn es sein muss, im Panzerwagen mal kurz durch die Stadt zu fahren - und zu hoffen, dass der Einsatz bald vorbei ist.
Doch die Vielzahl von Skandalen, in die diese Truppe seit ihrer Stationierung vor acht Jahren schon verwickelt war, hat inzwischen jeden Rest von Verständnis vernichtet, zumindest bei der kongolesischen Bevölkerung. Als "Feiglinge" sind die mehr als 16000 Blauhelm-Soldaten verschrieen, als "Touristen" und als "Ausbeuter". Mehrere Male stand die größte UN-Mission der Welt deshalb schon vor dem Scheitern.
Es begann damit, dass die Blauhelm-Soldaten vor allem im Nordosten des Kongos, rund um die Stadt Bunia, oft tatenlos zusahen, wenn Milizen Zivilisten überfielen. Für besondere Empörung sorgte der Angriff auf ein Dorf, bei dem mehr als ein Dutzend Bewohner bei lebendigem Leibe verbrannt wurden - und das, obwohl die UN-Truppen nur 200 Meter entfernt stationiert waren. Für Entsetzen sorgte auch die Eroberung der strategisch wichtigen Stadt Bukavu durch eine Tutsi-Miliz.
Als die Rebellen auf den Ort zu marschierten, zogen die UN-Soldaten ab - und das, obwohl sie ausdrücklich berechtigt waren, Zivilisten auch mit Gewalt zu beschützen. Dutzende Menschen wurden damals getötet und zwischen 500 und 1000 Frauen und Kinder vergewaltigt. Als die Miliz nach neun Tagen wieder abzog und Zivilisten im ganzen Kongo gegen die Untätigkeit der UN demonstrierten, da entdeckten die Blauhelm-Soldaten auf einmal ihre Waffen und erschossen Protestierende.
2004 deckten UN-Ermittler dann auch noch auf, dass Blauhelmsoldaten kongolesische Mädchen zur Prostitution gezwungen haben. 72 Fälle wurden untersucht und 20 dokumentiert. Die Ermittler kamen zu dem Schluss, dass die sexuelle Ausbeutung Minderjähriger durch Blauhelm-Truppen weit verbreitet ist, außerdem "scheinen alle größeren Einheiten betroffen zu sein". Die Mädchen waren oft nur 12 oder 13 Jahre alt, ein, zwei Dollar bekamen sie dafür oder ein paar Eier, Brot oder etwas Marmelade. Besonders perfide war, dass es sich bei den Opfern oft um Waisen handelte, die zuvor schon von kongolesischen Milizionären vergewaltigt worden waren.
Im vergangenen Jahr sah es dann so aus, als ob etwas Ruhe einkehrt sei, als ob der UN-Einsatz aufgrund der erfolgreichen Wahlen im Kongo nun auch von der Bevölkerung etwas positiver gesehen wird. Doch im Mai 2007 kamen die nächsten massiven Vorwürfe: UN-Soldaten aus Pakistan sollen Ende 2005 große Mengen Gold aus dem Ostkongo geschmuggelt haben - das Edelmetall im Wert von mehreren Millionen US-Dollar sollen sie von Milizen bekommen haben, die sie eigentlich entwaffnen hätten sollen.
Dafür, so die Erkenntnisse der UN-Ermittler, bekamen die Rebellen ihre Waffen und Munition zurück und außerdem Lebensmittel und Hinweise, wann und wo die UN-Truppen Militäraktionen gegen sie planten. Gegen die beschuldigten Pakistaner konnten die Vereinten Nationen nicht vorgehen, da sie den Kongo längst wieder verlassen hatten. Und die pakistanische Regierung zeigt bis heute keinen besonderen Eifer, diese Vorwürfe aufzuklären.