Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:"Eklatanter Vertrauensverlust"

Der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz übt scharfe Kritik am Trierer Bischof Ackermann. Der Missbrauchsbeauftragte hatte den Klarnamen einer betroffenen Frau öffentlich gemacht.

Von Annette Zoch

Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) übt scharfe Kritik am Missbrauchsbeauftragten, Bischof Stephan Ackermann: Der Bruch des Pseudonyms einer Betroffenen ziehe "einen eklatanten Vertrauensverlust auch im Betroffenenbeirat bei der DBK nach sich", schreiben die Mitglieder in einer Stellungnahme. "Was auch immer den Bischof von Trier zu seinem Handeln bewegt haben mag: Dieses Verhalten disqualifiziert den Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, weil es die Mindeststandards für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verletzt."

Ackermann hatte im März auf einer Veranstaltung unter etwa 40 Mitarbeitern seines Bistums den Klarnamen einer Betroffenen genannt, die unter dem Pseudonym "Karin Weißenfels" auftritt. Weißenfels ist selbst Angestellte des Bistums Trier. Sie wirft einem mittlerweile verstorbenen Priester des Bistums sexuelle Übergriffe vor und gibt an, von ihm schwanger geworden zu sein. Der Priester und ihr Beichtvater sollen sie zur Abtreibung gedrängt haben. Dem Bistum wirft Weißenfels zu nachsichtiges Verhalten gegenüber den Priester vor.

Der Bischof habe einen Schutzraum verletzt

Teilnehmer der Veranstaltung im März seien schockiert gewesen, dass er ihre Identität enthüllt habe, berichtete der Trierische Volksfreund. Ackermann solle gesagt haben, wenn jetzt schon offen über Namen gesprochen werde, dann nenne er auch den Namen der beteiligten Person. Zudem sei Weißenfels' bürgerlicher Name vielen Menschen im Bistum bekannt. Ackermann hat zwischenzeitlich eine Unterlassungserklärung abgegeben. Er habe sich nach Angaben des Bistums Trier auch bei Karin Weißenfels persönlich entschuldigt.

Für nicht entschuldbar halten die zwölf Mitglieder des DBK-Betroffenenbeirats indes sein Verhalten: "Menschen, die von sexualisierter Gewalt im Raum der Kirche betroffen sind, müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Persönlichkeitsrechte zu jedem Zeitpunkt unbedingt gewahrt bleiben, wenn sie sich der Institution Kirche gegenüber offenbaren", schreiben sie in ihrer Stellungnahme. Die Verletzung ihres Schutzraums, den sich die Frau durch ihr Pseudonym geschaffen habe, stelle einen eklatanten Machtmissbrauch und eine erneute Retraumatisierung dar.

Dass Ackermann nicht nur der Trierer Ortsbischof und Dienstvorgesetzte von Karin Weißenfels, sondern auch noch Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz ist, gebe diesem Vorgehen eine besondere Brisanz. Indirekt fordert der Betroffenenbeirat deshalb den Rücktritt Ackermanns: "Spätestens angesichts der jetzt eingetretenen Situation wird deutlich, dass es dringend einer strukturellen und personellen Neuordnung im Themenfeld Missbrauch, Aufarbeitung und Prävention in der Deutschen Bischofskonferenz bedarf", schreiben sie.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5566875
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/hum
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.