Sexualisierte Gewalt:"Habt ihr ein Schutzkonzept gegen sexuelle Gewalt?"

Sexualisierte Gewalt: Kerstin Claus ist seit 1. April die neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung.

Kerstin Claus ist seit 1. April die neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung.

(Foto: Kay Nietfeld/DPA)

Eltern sollten Vereine nach ihren Vorsichtsmaßnahmen fragen, bevor sie ihnen ihre Kinder anvertrauen. Das rät die neue Beauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus - und fordert generell mehr Bewusstsein für sexualisierte Gewalt.

Von Annette Zoch, München

Die neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, fordert die regelmäßige Erhebung von Daten zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. "Es ist ein Skandal, dass wir selbst im Jahr 2022 noch immer keine verlässlichen Zahlen zum Ausmaß haben", sagte Claus am Dienstag in Berlin. Sie sprach sich für ein nationales Kompetenzzentrum aus, das diese Zahlen fortlaufend erheben soll. Kerstin Claus ist seit 1. April die neue Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM). Sie folgte auf Johannes-Wilhelm Rörig, der das Amt abgegeben hat.

"Ich kämpfe dafür, sichtbar zu machen, dass sexueller Missbrauch jede und jeden angeht", sagt Claus. "Wir alle müssen lernen, für möglich zu halten, dass sexualisierte Gewalt in unserem ganz persönlichen Umfeld stattfindet, dass wir alle mit großer Wahrscheinlichkeit betroffene Kinder und wahrscheinlich auch Täter und Täterinnen kennen. Nur wer das begreift, wird sich zuständig fühlen und bereit sein zu handeln." Es brauche gegen sexualisierte Gewalt eine "Gefahrenabwehr", ähnlich wie beim Brandschutz.

Gespräche mit der evangelischen Kirche im Juni

So seien zum Beispiel Schutzkonzepte in Schulen, Vereinen und in der Kinder- und Jugendarbeit noch nicht überall verpflichtend verankert. Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, Trainerinnen und Trainer müssten "sprechfähig" gemacht werden, so Claus: "Wenn Eltern die Wahl haben zwischen zwei Sportvereinen für ihr Kind, dann sollte es dazugehören zu fragen: Habt ihr ein Schutzkonzept gegen sexuelle Gewalt? Und ich würde empfehlen, den Verein zu wählen, der eins hat."

Auch die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs steht auf ihrer Agenda. Für Anfang Juni kündigte Claus Gespräche mit Vertretern der evangelischen Kirche an. Mit der katholischen Kirche hatte ihr Vorgänger Rörig bereits Aufarbeitungsstandards festgelegt, die Verhandlungen mit der evangelischen Kirche sind bislang nicht zu einem Ergebnis gekommen.

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