Ministerpräsident Mappus:Das kleine Krokodil

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Stefan Mappus ist nun Ministerpräsident in Baden-Württemberg und möchte Landesvater sein, nicht Feindbild. Vor allem aber will er Pannen wie die seines Vorgängers Oettinger vermeiden.

Bernd Dörries

Anhand der Geschenke konnte man ganz gut erkennen, was für ein Mensch Stefan Mappus ist, der neue Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Ulrich Goll, Justizminister vom Koalitionspartner FDP schenkte ihm zur Wahl am Mittwoch ein grünes Stoffkrokodil. "Mappi-Schnappi, das kleine Krokodil" hatte Goll den neuen Regierungschef genannt, der dem Vorgänger Günther Oettinger ganz gern das Leben schwermachte mit seiner Art.

So wahr ihm Gott helfe: Der neue baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus leistet seinen Amtseid, als überzeugter Katholik in der religiösen Variante. (Foto: Foto: apn)

Das zweite Geschenk war ein Strauß gelber Blumen vom FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Der ist ein Spezl von Mappus, 43, und war bei der Wahl noch viel aufgeregter als sein Freund. Ständig fuchtelte er irgendwo mit den Armen rum und knöpfte sich sogar im Sitzen feierlich das Sakko zu, als das Wahlergebnis verlesen wurde, dann durfte er endlich aufstehen und Mappus die Blumen in der Farbe der Liberalen überreichen.

"Teufel-Ernst-Vibrato"

Es war ein Strauß Mimosen, was insofern gut zu Mappus passt, als der sehr schnell beleidigt ist, wenn ihn jemand so hart angeht, wie er andere attackiert. Man kann davon ausgehen, dass sein beflissener Fraktionschefsfreund nicht wusste, welche Art Pflanze er da überreichte - durch Humor ist er noch nicht aufgefallen.

Stefan Mappus hat zumindest schon etwas gelernt: Das Krokodil ließ er schnell unter seinem Anzug verschwinden, so dass es kaum ein Fotograf mitbekam; sein Vorgänger Oettinger hätte wahrscheinlich versucht, es sich über den Kopf zu ziehen. Für Mappus geht es in den ersten Monaten vor allem darum, nicht so zu sein wie Oettinger - bloß keine Pannen und Tölpeleien. Am Mittwoch dachte man, es halle wieder durch den Landtag, was Martin Walser einst das "Teufel-Ernst-Vibrato" nannte, die bleierne Ernsthaftigkeit von Erwin Teufel. "So schnell wie möglich, aber mit der nötigen Ruhe", werde er erste politische Entscheidungen treffen, sagte Mappus. Das war reines Teufel-Sprech.

Der war auch anwesend und freute sich wie ein Kind über die Wahl von Mappus, den er einst förderte. Für Teufel sollten die fünf Jahre Oettinger aus den Geschichtsbüchern verschwinden, so wie jene dunklen Jahrhunderte im Mittelalter, von denen manche Historiker sagen, es habe sie in Wahrheit nie gegeben. "Er ist kein Anfänger", sagte Teufel über Mappus, was auch als Spitze gegen Oettinger verstanden werden kann, den Teufel immer für einen Parvenu hielt.

Mappus bekam bei seiner Wahl 83 Stimmen, eine Stimme weniger als die CDU/FDP-Koalition Sitze hat, das ist ein ziemlich gutes Ergebnis. Aber die CDU im Land war immer gut darin, geschlossen zu sein, wenn es auf Wahlen zugeht, kein Abgeordneter will sein Plätzchen im Landtag 2011 verlieren. Danach gibt es genug Zeit zum Streiten. Auch das kann die CDU gut.

Begeisterte Minister

Stefan Mappus muss sich nun erst einmal bekannt machen vor der nächsten Landtagswahl; Umfragen zufolge kennen ihn nur 50 Prozent der Wähler. Er selbst sieht das als Chance, da man in Stuttgart ohnehin ein falsches Bild, ein feindseliges, von ihm verbreitet habe: Mappus, das Krokodil. "Man macht sich ja nicht nur Freunde im politischen vLeben. Das wird ja besonders mir zugeschrieben", sagte Mappus. So sei er aber nicht. "Es geht darum, Politik den Menschen besser zu erklären."

Es klingt so, als beginne nun die Landesvaterwerdung von Stefan Mappus. Andererseits, sagt er, werde er auch in Zukunft keinem Streit aus dem Weg gehen und klare Worte finden. "Freunde haben mir gesagt, ich solle mich nicht verbiegen lassen. Ich bin durch das Amt ja kein anderer Mensch geworden." Noch hat er es aber erst einen Tag.

Am Nachmittag fuhr er zum ersten Mal hinauf in die Villa Reitzenstein über dem Stuttgarter Talkessel, um sich den Mitarbeitern vorzustellen. Den Leiter der Regierungszentrale wird er von Oettinger übernehmen, für einen geordneten Übergang. Ansonsten wird es vielleicht ein paar Umbildungen geben im Kabinett. Manche der umstrittenen Minister überschlugen sich vor Begeisterung, als sie Mappus am Mittwoch im Parlament gratulierten.

Unschöne Affäre

Eng wird es vor allem für Gundolf Fleischer, den Staatssekretär im Finanzministerium, der in eine unschöne Affäre verwickelt ist: Er hat sich über Jahre dafür eingesetzt, einen Hunderte Millionen Euro schweren Auftrag zur Ausbaggerung des Rheins an Unternehmen zu vergeben, die fleißig an seinen CDU-Kreisverband gezahlt haben.

Auf der Kippe steht auch Finanzminister Willi Stächele, der sich mit Zahlen nicht leicht tut, vor allem, wenn sie viele Nullen haben. Stächele hatte sich in den vergangenen Tagen für den Ankauf einer CD mit den Daten von Steuersündern ausgesprochen, die FDP ist strikt dagegen. Und auch Mappus hat Vorbehalte. "Ich will so schnell wie möglich aber mit der notwendigen Tiefe Entscheidungen treffen", sagte Mappus.

Dann stellte er sich zu einem Foto mit Erwin Teufel und Lothar Späth auf. Minutenlang wurde nach Günther Oettinger gesucht, der ja auch in die Reihe mit den Vorgängern gehört, bis er schließlich auftauchte. Es war seine letzte kleine Panne in Stuttgart.

© SZ vom 11.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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