Süddeutsche Zeitung

Minister:Dobrindts Doppelämter

Warum der Verkehrsminister trotz seiner Wahl zum CSU-Landesgruppenchef im Amt bleibt, Nahles und Schäuble ihre Ministerämter aber abgeben.

Von Robert Roßmann

Die Kabinettssitzung dauerte am Mittwoch nur 20 Minuten, auf der Tagesordnung stand lediglich der "Vierte Bodenschutzbericht". Das ist in Zwischenzeiten wie diesen kein Wunder: Der neue Bundestag ist bereits gewählt, die neue Regierung aber noch nicht im Amt. Da hält sich die noch amtierende Regierung zurück. Dass es trotzdem eine besondere Kabinettssitzung war, lag an drei wichtigen Personalien.

Arbeitsministerin Andrea Nahles nahm zum letzten Mal teil, sie wurde kurz darauf zur SPD-Fraktionsvorsitzenden gewählt und gibt deshalb ihr Ministeramt ab. Bis zur Bildung einer neuen Regierung übernimmt Familienministerin Katarina Barley (SPD) das Amt zusätzlich zu ihrem Ressort. Außerdem wurde am Mittwoch bekannt, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Bundestagspräsident werden soll. Seine Wahl gilt als sicher, da der Union als stärkster Fraktion das Vorschlagsrecht zusteht. Damit verliert die Kanzlerin gleich zwei Ressortchefs. Verkehrsminister Alexander Dobrindt will dagegen trotz seiner Wahl zum neuen CSU-Landesgruppenvorsitzenden bis zur Bildung einer neuen Regierung im Amt bleiben. Angeblich war das auch der Wunsch der Kanzlerin, weil sie allzu viel Unruhe in ihrem Kabinett vermeiden möchte.

Im Verkehrsministerium hatten sie vor der Entscheidung Dobrindts die Rechtslage eingehend geprüft. Demnach steht weder das Grundgesetz noch das Bundesministergesetz einer Doppelfunktion Dobrindts entgegen. Als Abgeordneter und Minister ist er ja schon jetzt sowohl Teil der Legislative als auch der Exekutive. Lediglich die Geschäftsordnung der CSU-Landesgruppe stand der Doppelfunktion bisher im Weg. Dort hieß es in Paragraf 2 Absatz II: "Die Ämter der Landesgruppenvorsitzenden, der Stellvertretenden Landesgruppenvorsitzenden, des Parlamentarischen Geschäftsführers, eines Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und des Justiziars sind mit denen eines Bundesministers oder eines Parlamentarischen Staatssekretärs nicht vereinbar." Deshalb hat die CSU-Landesgruppe bei ihrer Sitzung am Dienstag dieses Passus gestrichen.

Dobrindt ist nicht der erste, der nach einer Wahl eine führende Funktion in der Fraktion mit einem auslaufenden Ministeramt kombiniert. So blieb Frank-Walter Steinmeier nach seiner Wahl zum SPD-Fraktionsvorsitzenden im September 2009 noch einen Monat lang Außenminister.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3686689
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.09.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.