Mineralölsteuer:Nur Mut

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Der Abschied von der fossilen Energie kann nur gelingen, wenn sie künstlich verteuert wird. Der Markt allein wird das nicht bewerkstelligen. Dazu aber braucht es einen Mut, der dieser Bundesregierung fremd ist, Macron dagegen nicht.

Von Michael Bauchmüller

Gerade hatten die Demonstranten in Frankreich ihre gelben Westen wieder in den Schrank gehängt, da verbreitete das Statistische Bundesamt in Deutschland ungute Nachrichten. "Kontinuierlich" legten die klimaschädlichen Emissionen aus deutschen Autos zu, berichtete die Behörde. Um sechs Prozent seit 2010.

Erderwärmung, Klimaschutz, war da was? Emmanuel Macron mag nicht alles richtig gemacht haben mit seiner Ökosteuer. Aber er beweist einen Mut, den eine deutsche Bundesregierung seit Jahren nicht mehr aufbringt: das Schmutzige zu besteuern, um so das Saubere zu fördern. Nichts anderes bedeutet eine Anhebung von Mineralölsteuern, sei es nun über eine Klimaabgabe oder über eine Ökosteuer. Wer das Klima ernsthaft schützen will, kommt um weitere Preisaufschläge auf fossile Energie nicht herum.

Das birgt sozialen Sprengstoff, keine Frage. Verbrauchsteuern belasten stets den am stärksten, der wenig in der Tasche hat. Die Besitzer großer Dienstlimousinen jucken höhere Spritsteuern nicht, die alleinerziehende Angestellte im Fiat Panda dagegen schon. Es ist dieser Effekt, der nun die "gelben Westen" auf die Straßen treibt, den auch Macron unterschätzt hat. Aber so muss es nicht sein.

Denn wer belastet, der muss auch entlasten. In der Schweiz etwa wird eine Abgabe auf fossile Heizstoffe erhoben, deren Aufkommen zum größten Teil an die Schweizer zurückerstattet wird - an alle, ob klein oder groß, in gleicher Höhe. Die Logik ist simpel: Wer eine kleine Wohnung hat und nicht gerade bei offenem Fenster heizt, bekommt mehr "Ökobonus" erstattet, als er an Abgaben bezahlt hat, auch große Familien profitieren. Die Betuchten dagegen zahlen häufig drauf. Auch lassen sich andere Steuern und Umlagen senken, in Deutschland zum Beispiel die Stromsteuer oder die Ökostrom-Umlage. Was Verbraucher an der Tankstelle mehr zahlen, könnten sie damit bei der Stromrechnung sparen.

Für das Klima würde sich das doppelt rentieren: Bei höheren Spritpreisen bleibt das Auto öfter stehen. Elektrische Alternativen dagegen würden günstiger, das Elektroauto wie die Wärmepumpe, mit der sich Heizöl und -gas sparen ließe. Das verlangt auch mehr und bessere öffentliche Angebote mit Bus und Bahn, im Zweifel auch eine Abfederung für Pendler, die lange Wege zur Arbeit haben. Das alles ist machbar, mehr noch: Es ist zwingend. Der Abschied von der fossilen Energie kann nur gelingen, wenn sie künstlich verteuert wird. Der Markt allein wird das nicht bewerkstelligen.

Dazu aber braucht es einen Mut, der dieser Bundesregierung fremd ist. Dass im Jahr 2018 eine deutsche Behörde immer noch steigende Emissionen im Verkehr konstatieren muss, schreit zum Himmel. Es verhöhnt nicht nur die Leidtragenden des Klimawandels, sondern auch alle Ziele, die in diesem Land jemals für den Klimaschutz ausgegeben wurden. Die große Koalition lässt das kalt. Sie hat sich offenbar fest vorgenommen, in der Energie- und Klimapolitik möglichst keine Spuren zu hinterlassen, von der Kohle vielleicht mal abgesehen.

Kürzlich hat sich Umweltministerin Svenja Schulze zaghaft für eine Abgabe auf Kohlendioxid ausgesprochen, auch auf Benzin und Diesel. "Liter Sprit bald 2 Euro?", fragte prompt die Bild-Zeitung. Tags darauf ließ der Finanzminister den Plan kassieren. Armes Deutschland.

© SZ vom 29.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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