Mindestlohn-Pläne der Union:FDP erteilt der Kanzlerin eine Abfuhr

Die Liberalen verwahren sich gegen die Mindestlohn-Pläne der Union - und weisen das Ansinnen von Kanzlerin Merkel zurück, im Koalitionsausschuss darüber zu verhandeln. Die Union könne sich selbstverständlich jederzeit programmatisch neu orientieren, räumt FDP-Generalsekretär Döring ein. "Für das Regierungshandeln ändert sich nichts."

Susanne Höll, Berlin

Die FDP lässt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrem Vorstoß für ein Mindestlohn-Gesetz abblitzen. Generalsekretär Patrick Döhring sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Wirtschaft in Deutschland floriert, die Lage am Arbeitsmarkt ist ausgesprochen gut. Wir wollen und brauchen keine Wachstumsbremse Mindestlohn." Bundeskanzlerin Merkel hatte zuvor angekündigt, über den Wunsch der Union nach Lohnuntergrenzen im nächsten Koalitionsausschuss zu diskutieren.

FDP-Generalsekretär Döhring sagte am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, dass sich seine Partei in der Bundesregierung allen Vorstößen der Union für eine solche Regelung widersetzen werde. Er verwies darauf, dass es im Koalitionsvertrag keine Verabredung für die Einführung eines Mindestlohns gebe.

Die CDU, so sagte Döhring, könne sich selbstverständlich jederzeit programmatisch neu orientieren. "Für das Regierungshandeln ändert sich aber nichts", fügte er hinzu. Ähnlich hatte sich in den Tagen zuvor auch der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler geäußert.

Döring erteilte damit auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe eine Abfuhr. Gröhe hatte von den Liberalen inmitten der Landtagswahlkämpfe ein "Signal der Verantwortung" verlangt und sie in einem Interview mit Zeitungen der in Nordrhein-Westfalen ansässigen WAZ-Gruppe aufgefordert, den Vorschlag "nicht reflexhaft abzulehnen". In Nordrhein-Westfalen wird am 13. Mai ein neuer Landtag bestimmt.

In FDP-Kreisen zeigte man sich zudem verwundert, dass Merkel den Koalitionsausschuss bei diesem Thema ins Gespräch brachte. Es gebe bisher keinen Termin für ein solches Treffen, geschweige denn eine Tagesordnung, hieß es. Vor der NRW-Wahl werde sich der Koalitionsausschuss keinesfalls treffen, weil in den zahlreichen strittigen Punkten bis dahin mit keiner Einigung zu rechnen sei.

Nahles kritisiert Unions-Mindestlohnmodell

Aber auch nach dem 13. Mai könne die Union nicht mit Zugeständnissen der FDP in der Mindestlohnfrage rechnen. Die Liberalen sehen in diesem Konflikt keine weitere Erschwernis für die Koalition, obwohl diese bereits jetzt durch zahlreiche Auseinandersetzungen belastet ist, etwa um die Themen Betreuungsgeld, Pendlerpauschale und Vorratsdatenspeicherung. In den Parteikreisen hieß es, die CDU reserviere sich mit diesem Projekt ein Thema für die Bundestagswahl 2013.

Zu diesem Schluss kommen auch die Sozialdemokraten. Deren Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, Merkel wolle den Sozialdemokraten auf diese Weise Stimmen wegnehmen. "Aber diese alte Taktik funktioniert nicht mehr", fügte Nahles hinzu. Mit den CDU-Plänen sei, "selbst wenn man viel Rouge auflegt, kein vernünftiger Mindestlohn zu machen", sagte Nahles und verwies zudem auf den anhaltenden Widerstand der FDP.

Anders als die SPD und auch die Grünen strebt die CDU keinen gesetzlichen Mindestlohn an. Sie will eine Kommission aus Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern einrichten, die künftig für Branchen ohne Tarifverträge Lohnuntergrenzen festlegen kann. Dieser Vorschlag war auf Betreiben der CDU-Basis seit dem vergangenen Jahr in einer Arbeitsgruppe von CDU und CSU erarbeitet worden.

Die Gewerkschaften im deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) lehnen diesen Vorschlag als völlig unzureichend ab und unterstützen die weitergehenden Forderungen von SPD und Grünen. Die Sozialdemokraten haben bereits deutlich gemacht, dass sie das Thema Arbeit ins Zentrum ihres Bundestagswahlkampfes im nächsten Jahr rücken wollen.

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