Süddeutsche Zeitung

Mindestlohn:Linkspartei will SPD vorführen

In der Auseinandersetzung um den Mindestlohn droht der SPD Ungemach von Links. Die Links-Fraktion hat eine Gesetzinitiative in den Bundestag eingebracht, die im Wesentlichen einer Unterschriftensammlung der SPD zum Mindestlohn entspricht. Die Sozialdemokraten wollen sich aber erst mit der Union einigen.

In der Auseinandersetzung um den Mindestlohn gerät die SPD zwischen zwei Fronten. Während die Union am Mittwoch einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn erneut ablehnte, forderte die Links-Fraktion die Sozialdemokraten auf, der von ihr eingebrachten Gesetzesinitiative für einen Mindestlohn im Bundestag zuzustimmen. Der Antrag der Linkspartei soll im Wesentlichen einem Aufruf der SPD zum Thema Mindestlohn aus dem März entsprechen.

Der SPD-Linke Ottmar Schreiner forderte die Fraktion auf, am Donnerstag mit Ja zu stimmen. Er selbst werde für den Vorstoß der Linken votieren. "Von mir kann niemand verlangen, dass ich im Bundestag gegen meinen eigenen Text stimme - Mätzchen hin oder her", sagte er. Es komme nicht darauf an, wer den Antrag eingebracht habe.

Alle anderen Erstunterzeichner der SPD-Unterschriftenkampagne sollten ebenfalls mit der Links-Fraktion stimmen - darunter Vizekanzler Müntefering, Generalsekretär Hubertus Heil und Fraktionschef Peter Struck.

Struck wirft Linker "reine Showpolitik" vor

Struck lehnte das im ARD-Morgenmagazin ab, die SPD werde dem Antrag der Linksfraktion zu gesetzlichen Mindestlöhnen am Donnerstag im Bundestag nicht zustimmen. "Wir können nicht gegen unseren Koalitionspartner stimmen." Vielmehr werde die SPD den Antrag ablehnen. Die Politik der Linkspartei sei "reine Showpolitik, die nichts bringt".

Es bleibe auch nach der für das Wochenende vorgesehenen Fusion von Linkspartei.PDS und WASG zu Die Linke bei der klaren Abgrenzung, "keinerlei Zusammenarbeit, nirgendwo", erklärte Struck.

Auch SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles nannte den Antrag der Links-Fraktion eine Showveranstaltung und kündigte an, ihn abzulehnen. "Wir leben doch nicht in Italien und machen vor der entscheidenden Koalitionsrunde eine Politshow der Linkspartei mit", sagte sie. Am Montag werde im Koalitionsausschuss ernsthaft mit der Union über das Thema verhandelt und man wolle im Interesse der Betroffenen zu Ergebnissen kommen.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Links-Fraktion im Bundestag, Dagmar Enkelmann, sagte hingegen, die SPD könne sich einer Zustimmung zur Gesetzesinitiative der Links-Fraktion für einen Mindestlohn nicht verweigern. Wenn die Sozialdemokraten jetzt mit nein votierten, täuschten und verhöhnten sie ihre eigenen Mitglieder.

de Maizière: Auch Unternehmer für Mindestlohn

Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) drängt auf eine Einigung der großen Koalition zum Mindestlohn. Die Koalitionspartner sollten sich beim Treffen des Koalitionsausschusses am kommenden Montag auf einen Kompromiss zum Mindestlohn einigen, forderte de Maizière in einem Interview mit dem Handelsblatt. "Beide Seiten haben Interesse an einer Einigung", mahnte er. Erstens täte dies der Koalition gut.

"Zweitens, weil die Linkspartei den Sozialdemokraten ohne eine Einigung das Leben nicht leichter machen wird." Aber auch die Union erkenne an, dass es Probleme gebe, "die mit dem Verbot sittenwidriger Löhne möglicherweise nur unvollkommen aus der Welt zu schaffen sind".

Der Kanzleramtschef sagte, dass zudem auch etliche Unternehmer hinter den Kulissen einen Mindestlohn befürworteten. "Gerade einige Mittelständler finden den Mindestlohn nicht so schlecht - aber nur, wenn er nicht oberhalb dessen liegt, was sie zahlen, aber auch nicht weit unterhalb. Auch über die Lohnhöhe kann schließlich Wettbewerb entstehen - oder verhindert werden."

Ausdrücklich verteidigte de Maizière die Unions-Position, den Tarifpartnern und nicht dem Staat Vorrecht für die Lohnfindung zu geben. Dies solle durch die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf weitere Branchen geschehen.

Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Peter Struck wäre dies ein erster Schritt auf dem Weg zu einer Einigung. Allerdings betonte Struck auch, seine Partei bleibe bei der Forderung nach einem branchenbezogenen Mindestlohn.

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dpa, AP, AFP
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