Mindestlohn:Einer für alle

Beim Mindestlohn müssen die schwachen Regionen das Tempo vorgeben.

Von Henrike Roßbach

Als 2015 der Mindestlohn eingeführt wurde, hatten die Untergangspropheten Hochkonjunktur. Bis zu 900 000 Arbeitsplätze sahen manche Ökonomen gefährdet. Nichts dergleichen ist eingetreten. Und die nun geplante zweistufige Erhöhung auf 9,35 Euro wird nach Ansicht der meisten Experten ebenfalls nicht zu Arbeitsplatzverlusten führen.

Für viele klingen 51 Cent mehr Stundenlohn zwar nach einem Witz - in einem Land, in dem selbst eine Kugel Eis mehr als das Doppelte kostet. Doch diese Sichtweise ist falsch, sie blendet mehrere Wahrheiten aus: Tatsächlich bedeutete schon der ursprüngliche Mindestlohn von 8,50 Euro für Millionen Menschen ein echtes Einkommensplus. Und die aktuelle Erhöhung beträgt fast sechs Prozent - das ist höher als der Anstieg der Tariflöhne.

Dass man in den teuren deutschen Städten von einem Mindestlohn-Job allein nicht leben kann, stimmt zwar und ist sicher nicht befriedigend. Das aber ist der Preis für eine bundesweit einheitliche Lohnuntergrenze. Die Alternative wären differenzierte Mindestlöhne je nach Wirtschaftskraft der Regionen. Das aber widerspräche dem politische Ziel einer Angleichung der Löhne in Ost und West. Wenn "Einer für alle" gelten soll, müssen die schwächsten Regionen das Tempo vorgeben, sonst gehen ausgerechnet dort Jobs verloren.

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