Süddeutsche Zeitung

Mindestlohn:Drunter geht's nicht

Flüchtlinge dürfen nicht zu Billig-Löhnern werden.

Von Thomas Öchsner

Wer bestimmte Gruppen vom Mindestlohn ausnehmen will, betreibt ein gefährliches Spiel. Ausnahmen für die einen zu erlauben, kann bedeuten, andere zu benachteiligen. Wer bei gleicher Qualifikation mehr kostet, hat schlechtere Jobchancen. Es ist deshalb gut, dass die 8,84-Euro-Untergrenze auch für Flüchtlinge gilt. Einheimische Arbeitslose dürfen nicht auf Dauer zu Verlierern werden, weil Arbeitgeber lieber Geflüchtete zu Minilöhnen einstellen. Die neuen Auslegungsregeln der Bundesregierung ändern daran im Prinzip nichts, sie sind kein Grund zur Aufregung.

Bei der Frage, wann die 8,84 Euro für Praktika und Probephasen gelten, gibt es rechtliche Unsicherheiten. Eine Klarstellung, wie sie die drei Ministerien nun vorgelegt haben, war daher notwendig. Dabei geht es nicht um neue pauschale Ausnahmen vom Mindestlohn. Klargestellt wird nur, dass Flüchtlinge und Zuwanderer in der Zeit, in der sie sich für die Anerkennung ihres ausländischen Berufsabschlusses nachqualifizieren, keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben. Solche Praxisphasen im Betrieb werden also wie Pflichtpraktika gewertet, für die die 8,84 Euro schon jetzt nicht fällig sind.

Dagegen ist nichts einzuwenden. Die Praxisphase ist zeitlich befristet. Ein neues Billiglohnmodell kann daraus nicht entstehen. Aber Flüchtlinge und Zuwanderer finden so hoffentlich leichter einen Platz auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

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Quelle:
SZ vom 03.01.2017
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