Minderheitsregierung:Regieren in der Unterzahl

In Nordrhein-Westfalen deutet sich eine rot-grüne Minderheitsregierung an. Es wäre nicht das erste Mal, dass die tragenden Fraktionen keine eigene Mehrheit im Parlament haben. Erfolgreich waren die bisherigen Versuche allerdings kaum.

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NRW-Landtag

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Hannelore Kraft (SPD) und Sylvia Löhrmann (Grüne) haben allen Grund zur Freude: Die beiden Duz-Freundinnen stehen an der Spitze von Nordrhein-Westfalen. Für die absolute Mehrheit im Landtag fehlt den Politikerinnen eine Stimme. Ihr Kabinett war bis kurz vor der Wahl am Mittwoch nicht vollständig besetzt. Viele Politiker wollen ihr Amt in Berlin nicht aufgeben, um sich auf eine unsichere Reise nach Düsseldorf zu begeben. Sie befürchten, dass die Regierung die nächste reguläre Wahl nicht erlebt.

Andere Minderheitsregierungen auf Länderebene zeigen: Es kann funktionieren, muss aber nicht.

Richard von Weizsaecker

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1981 zerbrach in Berlin die sozialliberale Koalition um Bürgermeister Hans-Jochen Vogel. Auch die CDU verfehlte bei dieser Wahl eine eigene Mehrheit, Schuld daran war das gute Abschneiden der Alternativen Liste. Richard von Weizsäcker (im Bild) bildete daraufhin die erste Minderheitsregierung auf Landesebene, gestützt von einigen Abgeordneten der FDP-Fraktion. Zwei Jahre später trat die FDP auch offiziell in die Regierung ein.

Holger Börner

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Bei der hessischen Landtagswahl 1982 erreichte keine Partei eine regierungsfähige Mehrheit. Der SPD-Ministerpräsident Holger Börner (im Bild) blieb zunächst im Amt. Der Landtag löste sich kurze Zeit später auf, Grund war ein gescheiterter Haushaltsentwurf. Auch die Neuwahlen 1983 brachten keine Mehrheit hervor: Holger Börnsen blieb weiter Chef einer von den Grünen tolerierten Regierung. 1985 gab es schließlich die erste rot-grüne Koalition.

WALTER MOMPER

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Im März 1989 wurde Walter Momper (im Bild) an der Spitze eines Senats aus SPD und Alternativer Liste zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Damit gab es in Berlin erstmals eine rot-grüne Koaltion. Gut zwei Wochen vor den Gesamtberliner Wahlen im Dezember 1990 verließ die AL die Koalition. Grund war der Streit um die Räumung besetzter Häuser. Bis zum Wahltermin führte Momper einen SPD-Minderheitssenat. Dem neuen CDU-SPD-Senat gehörte Momper daraufhin nicht mehr an.

Stolpe legt Jahresbericht 'Deutsche Einheit' vor

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Anfang 1994 zerbrach die brandenburgische Ampelkoalition an den Vorwürfen gegen Manfred Stolpe (im Bild). Ihm wurden Kontakte zur Stasi vorgeworfen, während er in der Leitung der evangelischen Kirche in Brandenburg aktiv war. Das "Bündnis 90" verließ damals die Regierung. Bis zur Landtagswahl im September tolerierte die PDS die Minderheitsregierung von SPD und FDP. Nach der Wahl konnte die SPD alleine regieren.

Vorschau: BGH verhandelt Klage zwischen Simonis und 'Bild'

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Im Februar 2005 verlor die rot-grüne Regierung in Kiel die Mehrheit und Heide Simonis (im Bild) ihr Amt als Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein. Da auch CDU und FDP nicht regierungsfähig waren, buhlten die großen Parteien um die beiden Abgeordneten des Südschleswigschen Wählerverbands - sie waren das Zünglein an der Waage. Die Partei der dänischen Minderheit kooperierte schließlich mit Simonis' Bündnis. Die so genannte "Dänenampel" zerbrach bereits einen Monat später, als Simonis bei der Wahl zur MInisterpräsidentin keine Mehrheit auf sich vereinen konnte.

Reinhard Höppner, SPD, Ex-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt

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Die erste Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt leutete sogleich einen Regierungswechsel ein. Als die bisherige schwarz-gelbe Koalition 1994 ihre Mehrheit verlor bildete Reinhard Höppner (im Bild) eine von der PDS gestützte rot-grüne Regierung. Von 1998 bis 2002 stellte die SPD die Minderheitsregierung alleine - Die Grünenn hatten es nicht mehr in den Landtag geschafft. Eine schwarz-gelbe Regierung löste schließlich das so genannte "Magdeburger Modell" ab.

Gauck stellt sich im Berliner Abgeordnetenhaus vor

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Jene Koalition aus SDP und CDU hatte bis 2001 Bestand. Aufgrund der Bankenaffäre wählten SPD, Grüne und PDS den amtierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen ab. Bis zur nächsten Senatswahl 2002 regierte Klaus Wowereit (im Bild) mit einem von der PDS tolerierten rot-grünen Minderheitssenat. Danach wurde er Chef einer rot-roten Koalition.

Ypsilanti von SPD-Abweichlern ´maßlos enttäuscht"

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Ein Wahlversprechen verhinderte eine rot-grüne Minderheitsregierung in Hessen. Nach der Wahl 2008 hätte es der Duldung durch die Linken bedurft, damit SPD und Grüne regieren können. Ministerpräsidentin sollte Andrea Ypsilanti (im Bild) werden. Sie hatte allerdings im Vorfeld der Wahl eine rot-rot-grüne Zusammenarbeit ausgeschlossen. Weil vier SPD-Mitglieder kurz vor der Wahl Ypsilantis erklärten, sie aus Gewissensgründen nicht wählen zu können, wurde die Wahl abgesagt und der Landtag aufgelöst. Bei den Neuwahlen Anfang 2009 konnten CDU und FDP eine regierungsfähige Koalition bilden.

© sueddeutsche.de/Dana Hoffmann
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