NRW:Volker Beck: "Wir schicken Schwarz-Gelb nach Hause"

Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, hat an allen Sondierungen in NRW teilgenommen. Jetzt eine rot-grüne Minderheitsregierung zu installieren, findet er richtig.

T. Denkler

Volker Beck, der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, mischte in NRW seit Beginn der Verhandlungen mit: Er hat an allen Sondierungsgesprächen teilgenommen. Für NRW forderte er während der Verhandlungen eine Wende in der Bildungs-, Energie- und Sozialpolitik. Ein wichtiger Punkt werde auch die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen in NRW und die Abschaffung der Studiengebühren sein. Beck, der seit 1994 im Bundestag sitzt, wurde in Stuttgart geboren.

Volker Beck

Volker Beck zu NRW: "Es gibt einfache Wege und zu Weihnachten darf man sich auch immer was wünschen."

(Foto: ap)

sueddeutsche.de: Herr Beck, am Donnerstag war SPD-Spitzenfrau Hannelore Kraft noch in Berlin und hat den Journalisten gesagt, dass es - wenn überhaupt - erst im Herbst etwas werde mit einer Minderheitsregierung. Was ist so Unglaubliches passiert, dass SPD und Grüne schon Mitte Juli Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin wählen wollen?

Volker Beck: Der FDP-Landeschef Andreas Pinkwart hat in einem Interview die alte schwarz-gelbe Koalition für beendet erklärt. Damit war auch für die SPD klar, dass Nordrhein-Westfalen wieder einen klaren Kurs braucht. Ich finde übrigens, dass es sich bei den Verhandlungen zum Gesetz für erneuerbare Energien im Vermittlungsausschuss schon gezeigt hat, dass es sehr hilfreich wäre, wenn Nordrhein-Westfalen dort durch eine rot-grüne Landesregierung vertreten wäre.

sueddeutsche.de: FDP-Mann Pinkwart hat lediglich das Offensichtliche benannt. Einen Austritt der Partei aus der geschäftsführenden Landesregierung hat er nicht verkündet.

Beck: Der Vorgang zeigt einfach die Unübersichtlichkeit der Lage in dieser geschäftsführenden Minderheitsregierung - und dass man so das Land nicht führen kann. Wir Grüne haben schon länger gesagt, dass die Regierung Rüttgers/Pinkwart besser heute als morgen abgelöst werden muss. Darum ist es gut, dass wir das jetzt gemeinsam angehen.

sueddeutsche.de: Hannelore Kraft wollte sich nicht dem Vorwurf aussetzen lassen, nur an Pöstchen und Dienstwagen interessiert zu sein. Es müsse deshalb einen sehr klaren und eindeutigen Grund geben, eine Minderheitsregierung zu bilden. Ist der Grund jetzt gegeben?

Beck: Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wollten zwei Dinge: Ein andere Politik für das Land und die schwarz-gelbe Politik im Bundesrat stoppen. Das sind jetzt auch die zentralen Gründe dafür, dass wir diese Regierung nach Hause schicken. Im Bundesrat hat Schwarz-Gelb dann keine Mehrheit mehr. Und ein Politikwechsel ist leichter aus der Regierung heraus zu organisieren, als nur aus dem Parlament heraus gegen eine kleine schwarz-gelbe Minderheitsregierung.

sueddeutsche.de: Der Bundesrat tagt vor der Sommerpause nur noch einmal und dann erst wieder im September. So viel Eile war doch gar nicht geboten.

Beck: Es ist gut, wenn wir noch vor der Sommerpause klare Verhältnisse schaffen.

sueddeutsche.de: Minderheitsregierungen waren in Deutschland bisher eher ein kurze Angelegenheit.

Beck: Wir werden jetzt erst mal Koalitionsverhandlungen führen und uns gemeinsam eine Strategie überlegen, was wir im Landtag erreichen können und wo wir Partner brauchen. Es wäre da nicht klug, sich vor den Gesprächen auf irgendetwas festzulegen.

sueddeutsche.de: Läuft das Projekt nicht zwangsläufig auf Neuwahlen hinaus?

Erst Inhalte, dann der Rest

Beck: Ich habe da sehr präzise Vorstellungen, die ich jetzt nicht öffentlich machen werde.

sueddeutsche.de: Anders gefragt: Wird die Minderheitsregierung die volle Legislaturperiode Bestand haben können?

Beck: Ich verweise auf die Antwort zur Vorfrage.

sueddeutsche.de: Wie werden Sie mit der Linken aus einer Minderheitsregierung heraus umgehen? Da gibt es ja trotz gescheiterter Sondierungsgespräche ein paar inhaltliche Gemeinsamkeiten.

Beck: Wir werden jetzt unser Arbeitsprogramm erarbeiten und vorlegen. Erst dann werden wir ausloten, wo es von welcher Seite Kooperationsbereitschaft gibt.

sueddeutsche.de: Ist es vorstellbar, dass die FDP doch noch aus der Minderheitsregierung eine Ampel-Regierung machen könnte?

Beck: Ich habe vernommen, dass der Generalsekretär der FDP vorgeschlagen hat, nach der Sommerpause die Sondierungsgespräche mit uns wieder aufzunehmen. Das hat mich erstaunt. Aber ich wüsste gerne, für wen er da spricht. Uns ist in den Gesprächen aufgefallen, dass Landespartei und Landtagsfraktion nicht unbedingt mit einer Stimme sprechen. Was es nicht geben wird: Dass wir einen Tolerierungspakt mit einer der Parteien schließen, mit denen wir sondiert haben.

sueddeutsche.de: Ihnen fehlt eine Stimme zu Mehrheit. Haben Sie mit dem Gedanken an einen Überläufer aus den anderen Parteien schon abgeschlossen? Das wäre der einfachste Weg.

Beck: Es gibt einfache Wege und zu Weihnachten darf man sich auch immer was wünschen. Manchmal bekommt man auch überraschend etwas geschenkt. Mehr kann man dazu nicht sagen.

sueddeutsche.de: Werden Sie am Ende den Sessel des Justizministers geschenkt bekommen?

Beck: (lacht) Ich bin gerne in Berlin und die Arbeit als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer meiner Fraktion macht mir Spaß. Jetzt geht es um die Inhalte, danach um den Rest.

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