Millenniumsgipfel in New York:"Wir strengen uns an"

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An Rande des UN-Gipfels erneuert Kanzlerin Angela Merkel ihr Versprechen, mehr für den Kampf gegen die Armut in der Welt zu tun. Entwicklungshelfer aber glauben ihr längst nicht mehr.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wirbt dafür, trotz globaler Wirtschaftsprobleme die Hilfe für die Dritte Welt nicht zu vernachlässigen. Am Rande des UN-Gipfels in New York sagte Merkel über die Umsetzung der vor zehn Jahren vereinbarten Millenniumsziele zur Bekämpfung von Hunger und Armut: "Man muss sagen, es gibt Licht und Schatten." Asien habe gute Fortschritte gemacht. Sorgen bereite insbesondere die Region der Subsahara.

Kanzlerin Angela Merkel bei der Sitzung in New York, bei der die UN-Mitgliedsstaaten über die Umsetzung der vor zehn Jahren vereinbarten Millenniumsziele zur Bekämpfung von Hunger und Armut beraten. (Foto: AFP)

Merkel bekannte sich zu dem Ziel der reicheren Länder wie Deutschland, bis 2015 für Entwicklungshilfe 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auszugeben. Derzeit sind es in Deutschland 0,4 Prozent beziehungsweise etwa sechs Milliarden Euro. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen hätte Deutschland in diesem Jahr bereits 0,5 Prozent aufbringen müssen. Merkel sagte: "Wir strengen uns an."

Sie mahnte, die vor zehn Jahren zur Bekämpfung von Armut, Hunger und Kindersterblichkeit bis 2015 vereinbarten Entwicklungsziele dürften nicht aufgegeben werden.

Im Jahr 2000 hatten 189 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen acht Millenniumsentwicklungsziele erstmals verbindlich vereinbart. Die zentrale Aufgabe ist, Hunger und Armut auf der Welt bis 2015 zu halbieren. Merkel mahnte, die Entwicklungsziele dürften nicht aufgegeben werden. Auf dem Gipfel wollen die UN Zwischenbilanz ziehen.

Jüngste Berichte zeigen, dass die ärmsten Länder der Welt, vor allem in Afrika südlich der Sahara, dem Ziel, die Armut zu beseitigen, nicht viel näher gekommen sind. In fünf Jahren werden nach Angaben der Vereinten Nationen noch immer 920 Millionen Menschen von weniger als 1,25 Dollar pro Tag leben.

"Ich werde hier sehr deutlich sagen: Um Entwicklungshilfe zu verbessern, brauchen wir vor allen Dingen gute Regierungsführung", sagte Merkel vor dem Gipfel. Sie werde diese "ergebnisbasierte Entwicklungshilfe" deshalb in den Mittelpunkt stellen. Außerdem müsse die Eigeninitiative der Menschen beispielsweise durch Mikrokredite gestärkt werden, erklärte Merkel. "Denn langsam muss ein selbsttragender Aufschwung entstehen." Es gehe nicht nur um Geld, es gehe auch darum, was aus dem Geld werde. Mit einer "Entwicklungshilfeindustrie" sei niemandem geholfen, "sondern wir müssen Hilfe zur Selbsthilfe anbieten".

Opposition: Bundesregierung hat ihr Ziel verfehlt

Kanzlerin Merkel hatte am Wochenende bereits beklagt, die Bekämpfung von Hunger und Armut gehe "viel zu langsam voran". Sie räumte ein, es sei bereits absehbar, dass nicht alle Ziele bis 2015 erreicht werden könnten. In den nächsten fünf Jahren sei aber noch viel zu schaffen. In ihrem wöchentlichen Videopodcast betonte die Kanzlerin, Deutschland werde seine Mittel für die Entwicklungshilfe "trotz unserer Sparprogramme" nicht reduzieren.

Entwicklungshelfer haben zu Beginn des Weltarmutsgipfels in New York verbindliche Beschlüsse gefordert. Der Dachverband der deutschen Entwicklungsorganisationen, Venro, kritisierte, der vorliegende Entwurf der Gipfelerklärung sei nichts als eine Ansammlung warmer Worte. Die Bundesregierung müsse sich hier für Nachbesserungen einsetzen. Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Tom Koenigs (Grüne), gab der Regierung eine Mitverantwortung für die mangelhafte Armutsbekämpfung in der Welt.

Venro-Vorstandschef Ulrich Post sagte, er glaube nicht, dass die Millenniumsziele noch erreicht werden könnten. Sie seien aber weiter aller Anstrengungen wert. In der Pflicht stünden sowohl Entwicklungs- als auch Industrieländer. Bei der Grundschulausbildung und dem Zugang zu Trinkwasser habe es deutliche Fortschritte gegeben. Viel zu wenig passiert sei dagegen bei der Hungerbekämpfung. Gleiches gelte für die Gesundheit von Müttern.

Koenigs kritisierte, viele Staaten hätten ihre versprochenen Leistungen nicht bezahlt. Auch die Bundesregierung habe ihre Zusage, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben, "bei weitem verfehlt". Dabei sei Deutschland "eine der größten Volkswirtschaften und auch eines der reichsten Länder". Das Land müsse seiner internationalen Verantwortung gerecht werden.

Niebel, der am Sonntagabend mit Kanzlerin Merkel nach New York reiste, bezeichnete das 0,7-Prozent-Ziel als "sehr sportlich". Hier sei viel Kreativität nötig, um das erforderliche Geld aufzutreiben. Zugleich riet er von gegenseitigen Schuldzuweisungen ab. Ansonsten könnte das Millenniumstreffen enden wie der Klimagipfel in Kopenhagen. Die Staaten sollten vielmehr analysieren, wo sie bei der Bekämpfung der Armut erfolgreich waren und diese Instrumente auf weniger gelungene Ziele übertragen.

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