Militärübung in der Ukraine:Moskau sieht Kiews Manöver mit Nato-Truppen als "Provokation"

Militärübung in der Ukraine: Wladimir Putin am Mittwoch bei seinem Arbeitsbesuch in der Mongolei

Wladimir Putin am Mittwoch bei seinem Arbeitsbesuch in der Mongolei

(Foto: AFP)

Mehrere Nato-Staaten - darunter Deutschland - wollen ein Militärmanöver in der Westukraine abhalten. Zur Verärgerung Moskaus, das von einer "Provokation" spricht. Dabei hatte Russland zuvor selbst eine große Militärübung angekündigt.

  • Moskau bezeichnet ein geplantes Militärmanöver in der Ukraine als "Provokation" und "nicht human" - hatte allerdings selbst ein goßes Manöver für September angekündigt.
  • Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, trifft sich noch vor dem Nato-Gipfel mit Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Obama.
  • Russlands Präsident Wladimir Putin will mit einem Sieben-Punkte-Plan die Ukraine-Krise beilegen. Außerdem fordert er von Kiew und prorussischen Kämpfern den Stopp militärischer Offensiven. Zuvor sprach Putin mit seinem ukrainischen Amtskollegen Poroschenko.
  • Der ukrainische Premierminister Arsenij Jazenjuk kündigt an, eine Stahlwand an der Grenze zu Russland bauen lassen zu wollen.
  • US-Präsident Obama solidarisiert sich bei seiner Visite in Tallinn mit Estland und kündigt an, die Zahl der dortigen US-Truppen aufzustocken.

Russland bezeichnet geplantes Manöver als "Provokation"

Ein in der Westukraine geplantes Manöver mit Nato-Einheiten ist in Russland auf Kritik gestoßen. Die für Mitte September vorgesehene Übung "Rapid Trident" sei inmitten des Ostukraine-Konflikts eine "Provokation", sagte Generaloberst Leonid Iwaschow der Agentur Ria Nowosti zufolge in Moskau. Es bestehe die Gefahr, dass ein begrenztes Nato-Truppenkontingent nach dem Manöver einfach in der Ukraine verbleiben könne.

"Außerdem ist es nicht human, dass die Nato in einer Zeit, in der sich die Ukraine faktisch im Bürgerkrieg befindet, ihre militärische Unterstützung für das Kiewer Regime demonstriert", sagte Iwaschow. Das russische Verteidigungsministerium hatte bereits zuvor ein großes Militärmanöver für September angekündigt. Geplant sei eine Übung mit mehr als 4000 Soldaten und einer großen Anzahl von Militärtechnik in Westsibirien, sagte Major Dmitrij Andrejew.

Worum es sich bei dem geplanten Manöver handelt

Mitte September soll im Westen der Ukraine ein internationales Militärmanöver unter Beteiligung von US-Truppen und der Bundeswehr stattfinden. Das polnische Verteidigungsministerium teilte mit, an der Übung würden vom 13. bis 26. September auf einem Truppenübungsplatz in der Nähe von Lwiw Soldaten aus zwölf Ländern teilnehmen. Das Manöver "Rapid Trident 14" stehe nicht unter der Führung der Nato und sei bereits seit längerem geplant.

Neben der Ukraine, den USA und Deutschland würden auch Polen, Rumänien, Moldau, Bulgarien, Spanien, Estland, Großbritannien, Litauen und Norwegen beteiligt sein. Die Soldaten würden gemeinsam Durchsuchungen, Patrouillen, Konvoifahrten, Rettungseinsätze und die Suche von Sprengsätzen üben, hieß es in der Erklärung des polnischen Verteidigungsministeriums.

Einem ukrainischen Regierungsbeschluss zufolge können an "Rapid Trident" bis zu 400 US-Soldaten sowie maximal 600 Militärangehörige aus anderen Nato-Staaten teilnehmen. Bis Ende Oktober ist zudem das Manöver "Sea Breeze" mit bis zu 800 US-Soldaten und maximal 1000 Soldaten aus weiteren Nato-Ländern bewilligt. In der Ukraine fanden bereits mehrfach Übungen mit Nato-Beteiligung statt.

Poroschenko trifft Merkel und Obama

Vor dem Beginn des Nato-Gipfels am Donnerstag in Wales kommen unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Barack Obama und der britische Premier David Cameron mit dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko zusammen. An dem Treffen im walisischen Newport nehmen zudem Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi teil, wie aus britischen Regierungskreisen verlautete.

"Das Treffen ist eine Gelegenheit, von Präsident Poroschenko eine Einschätzung zu den neuesten Entwicklungen vor Ort und seinen Gesprächen mit (dem russischen Präsidenten Wladimir) Putin zu bekommen." Das Treffen solle zudem ein "klares Zeichen" der Unterstützung für die Souveränität der Ukraine im Konflikt mit Russland sein, hieß es weiter. Die Regierung in Moskau sei in der Pflicht, die Lage zu entschärfen.

Putin legt Plan vor - den Kiew ablehnt

Wladimir Putin hat einen Plan zur Lösung des Ukraine-Konflikts vorgelegt. Der sieben Punkte umfassende Plan sehe unter anderem ein Ende der Offensiven der ukrainischen Armee und der prorussischen Separatisten sowie einen Austausch der Gefangenen vor, sagte Putin im Fernsehsender Rossija 24 während eines Besuchs in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator. Putin forderte eine objektive internationale Kontrolle der geplanten Feuerpause. Der Kremlchef rief die prorussischen Aufständischen in den Regionen Donezk und Lugansk auf, ihre Offensive einzustellen.

Die Ukraine lehnte den von Putin vorgelegten Plan am Abend ab. Moskau wolle damit kurz vor dem Nato-Gipfel die internationale Gemeinschaft täuschen, sagte der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk. Putin beabsichtige außerdem, drohende neue Sanktionen seitens der Europäischen Union abzuwenden.

Ukraine will Grenze zu Russland mit einem Zaun sichern

Die ukrainische Regierung plant, die Staatsgrenze zu Russland zu befestigen. "Wir starten das Projekt Mauer", sagte Jazenjuk während einer Kabinettsitzung in Kiew. Wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtet, beziehen sich die Pläne auf Vorschläge, die bereits im Juni im Gespräch waren: An der langen Grenze zu Russland soll demnach ein Stahlzaun errichtet werden, der zusätzlich durch Minen und Stacheldraht gesichert werden könnte. Wann und wie mit dem Bau des Schutzzauns begonnen werden soll, ist jedoch unklar.

Obama sichert Estland Solidarität zu

US-Präsident Barack Obama hat die Nato vor ihrem zweitägigen Gipfel in Wales zu "einer unmissverständlichen Unterstützungsbotschaft" an die Ukraine aufgerufen. Bei einer Rede vor Studenten in der estnischen Hauptstadt Tallinn betonte Obama, dass das Militärbündnis zur Aufnahme neuer Mitglieder bereit sei. Die Tür zur Nato bleibe "offen".

Zuvor hatte Obama dem Nato-Partner Estland ausdrücklich den Beistand Washingtons zugesichert. Das Land werde "nie allein stehen", sagte Obama, wobei er auf den Nato-Bündnisfall verwies. Der US-Präsident kündigte zudem "zusätzliche US-Luftwaffeneinheiten" für die Nato-Luftüberwachungsmission "Air Policing Baltikum" in der an Russland angrenzenden Region an.

Nato verstärkt Präsenz in Osteuropa

Die Nato wird auf ihrem Gipfel in Wales nach Angaben der Bundesregierung wegen der Ukraine-Krise die Stationierung von mehr Soldaten und Material in Osteuropa beschließen. "Wir werden eine Reihe von Maßnahmen auf dem Nato-Gipfel sehr einvernehmlich beschließen, die darauf hinwirken, dass - unter Einhaltung der Nato-Russland-Akte - die Schnelligkeit der Reaktion der Nato in dieser Region verbessert wird", sagte Kanzlerin Angela Merkel.

Ziel sei es, eine "Speerspitze" von rund 4000 Mann zu schaffen, die innerhalb weniger Tage in Krisenfall in den baltischen Staaten eingesetzt werden könnten, hieß es in Regierungskreisen. Die eigentliche schnelle Eingreiftruppe der Nato mit rund 25.000 Mann soll innerhalb von ein bis sechs Monaten einsatzbereit sein.

Putin und Poroschenko telefonieren

Die russische Nachrichtenagentur Ria hat der ukrainischen Darstellung widersprochen, nach der die Präsidenten Russlands und der Ukraine sich auf eine dauerhafte Waffenruhe verständigt haben. Russland sei keine Partei in dem Ukraine-Konflikt, hieß. Zugleich bekräftigte Präsidentensprecher Dmitri Peskow aber, Putin und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hätten die notwendigen Schritte besprochen, damit es eine Waffenruhe geben könne.

Zuvor hatte das ukrainische Präsidialamt mitgeteilt, die beiden Staatschefs hätten sich auf eine "permanente Waffenruhe" im Osten der Ukraine geeinigt. Eine Einwilligung Russlands wäre einem Eingeständnis gleichgekommen, an den Kämpfen der Ostukraine beteiligt zu sein. Nach dem Dementi des Kremls korrigierte das Präsidalamt die entsprechende Erklärung. Es handle sich lediglich um eine Feuerpause.

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