Süddeutsche Zeitung

Militärtransporter A400M:Alternativen zum Pannenflieger Airbus A400M gesucht

Wegen Rissen im Rumpf sollen beim Militärflugzeug A400M Teile ausgetauscht werden. Das kann Monate dauern. Das Verteidigungsministerium überlegt bereits, wie man die Maschinen ersetzen könnte.

Von Christoph Hickmann

Angesichts neuer Verzögerungen beim Transportflugzeug A400M erhöht der Koalitionspartner SPD den Druck auf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). "Es ist jetzt höchste Zeit, dass die Ministerin entschlossen handelt", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der Süddeutschen Zeitung. "Wir brauchen Flugzeuge vom Typ C-130J - erstens als Ersatz für den A400M, der immer später kommt und noch lange nicht das kann, was er können soll. Und zweitens als Ergänzung, weil der A400M bestimmte Dinge nie können wird, etwa auf kleinen, weniger stark befestigten Pisten landen", sagte Arnold.

"Bis zum Sommer sollte die Ministerin entscheiden, sonst nehmen wir sehenden Auges eine Fähigkeitslücke in Kauf. Das sollte nicht nach dem Muster dieser Ministerin ablaufen, die wichtige Entscheidungen am liebsten hinter die nächste Bundestagswahl schieben würde." Im Gegenzug solle man "weniger A400M abnehmen, als bislang vereinbart".

Am Freitagabend hatte es wieder einmal schlechte Nachrichten zum A400M gegeben. Das Verteidigungsministerium informierte den Bundestag darüber, dass der Hersteller Airbus an allen bisher ausgelieferten Maschinen Teile des Rumpfs austauschen wolle. Hintergrund ist, dass bei den französischen Streitkräften an diesen Teilen Risse entdeckt worden waren.

"Dieser Austauschvorgang könnte bis zu sieben Monate dauern"

Die drei bislang an die Bundeswehr ausgelieferten Maschinen sind davon nach bisherigem Stand zwar nicht betroffen, doch auch bei ihnen sollen die Teile im Rahmen einer ohnehin vorgesehenen Nachrüstung ausgewechselt werden. "Dieser Austauschvorgang - isoliert betrachtet - könnte nach Angaben der Firma bis zu sieben Monate dauern", heißt es im Schreiben des Ministeriums an die Fachleute im Bundestag.

Die Risse sind nur eines von mehreren zum Teil schwerwiegenden Problemen mit dem Transportflugzeug. Zuletzt hatten vor allem die Triebwerke Schwierigkeiten gemacht. Bereits ausgelieferte Maschinen müssen alle 20 Flugstunden aufwendig überprüft und gewartet werden. Bereits seit Längerem gehört der A400M zu den Rüstungsprojekten, die dem Ministerium die meisten Sorgen bereiten. So ist von den drei Maschinen im Bestand der Bundeswehr noch keine mit einem Selbstschutzsystem ausgerüstet, wie man es für Flüge in Krisengebiete benötigt.

Airbus hat angekündigt, Ende des dritten Quartals die erste Maschine in dieser Konfiguration an die Bundeswehr zu liefern - worauf dann weitere Tests durch die Luftwaffe folgen sollen. Wegen der Verzögerungen muss die bisher genutzte Transportmaschine Transall, die vor mehr als 60 Jahren erstmals flog, noch bis 2021 durchhalten.

Angesichts der diversen Probleme und Verzögerungen wachsen allerdings die Zweifel, ob der A400M sie dann tatsächlich ersetzen kann. Daher werden die Forderungen nach einer Alternative lauter, wie sie der SPD-Politiker Arnold erhebt. Auch in der Luftwaffe wird die C-130J aus US-amerikanischer Produktion favorisiert, die es fertig zu kaufen gäbe. Allerdings gab es die Forderung nach dieser kleineren Transportmaschine als Ergänzung zum A400M auch schon vor der Debatte über eine Ersatzlösung. So kann der A400M in Gao, wo die Bundeswehr im Mali-Einsatz stationiert ist, nur auf der Start- und Landebahn entladen werden, weil er zu schwer für das übrige Gelände ist. Solange er entladen wird, blockiert er also die Bahn.

"Risiken, die einem durchaus den Schweiß auf die Stirn treiben können"

Jenseits der Frage nach einer Ergänzung werden im Verteidigungsministerium aber schon Szenarien durchgespielt, wie man den A400M im Fall der Fälle zumindest zwischenzeitlich ersetzen könnte. Zwar betonte Rüstungs-Staatssekretärin Katrin Suder vergangene Woche im Verteidigungsausschuss des Bundestags, dass kein Ausstieg aus dem A400M-Programm geplant sei - zugleich aber berichtete sie über Alternativen, die derzeit offenbar für den Fall geprüft werden, dass auch dann nicht genügend Transportmaschinen zur Verfügung stehen, wenn die Transall endgültig das Ende ihrer Zeit in der Bundeswehr erreicht hat.

Ein mögliches Modell wäre demnach die Kooperation mit anderen europäischen Nationen, um deren Kapazitäten in Anspruch zu nehmen. Im Schreiben des Verteidigungsministeriums an den Bundestag vom Freitagabend heißt es, die neuen Verzögerungen belegten, dass man mit den "Überlegungen zur Überbrückung einer möglicherweise mittelfristig eintretenden Fähigkeitslücke den richtigen Weg eingeschlagen" habe.

Bereits vor Bekanntwerden der neuen Verzögerungen hatte Generalleutnant Karl Müllner, Inspekteur der Luftwaffe, in der SZ prognostiziert, dass die jüngsten Probleme "auf Jahre hinaus erhebliche Auswirkungen" für die Einsatzfähigkeit haben würden, "weil die Überprüfung und Nachbesserung aller Maschinen lange dauern" werde. "Selbst wenn alle 40 Flugzeuge ausgeliefert sind, dürfte unser Klarstand in dieser Zeit kaum deutlich über 20 hinausgehen. Das sind Risiken, die einem durchaus den Schweiß auf die Stirn treiben können", hatte Müllner formuliert.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2016/fehu
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