Der Brief habe ihn "in höchstem Maße befremdet", sagt Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. In dem Schreiben fordert das türkische Generalkonsulat in Stuttgart die Landesregierung auf, Vereine, Einrichtungen und Schulen zu überprüfen, die nach Meinung der türkischen Regierung von der Gülen-Bewegung betrieben werden. Das sagte Kretschmann der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Selbstverständlich werde man genau das nicht machen, sagte Kretschmann. "Hier sollen Leute auf irgendeinen Verdacht hin grundlos verfolgt oder diskriminiert werden." Er habe bisher keine Belege dafür gesehen, dass die Gülen-Bewegung für den Putsch in der Türkei verantwortlich sei. Vielmehr bezeichnete er das Schreiben als einen Versuch seitens der türkischen Regierung, in unzulässiger Weise Einfluss in Deutschland nehmen zu wollen.
Die Türkei fordert die Auslieferung von Juristen, die Gülen nahestehen
Bereits am Donnerstag hatte der Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu im türkischen Fernsehen die Auslieferung von türkischen Richtern und Staatsanwälten verlangt, die dem islamischen Prediger Fethullah Gülen nahestehen sollen. Gülen wird von Ankara für den gescheiterten Militärputsch in der Türkei verantwortlich gemacht. "Deutschland muss die Richter und Staatsanwälte dieses Parallelstaates ausliefern", sagte Çavuşoğlu am Donnerstag dem Sender CNN Türk.
Die Bundesregierung ist aber offenbar nur mit zwei Fällen befasst. Aus Berliner Regierungskreisen hieß es, es lägen "keine Erkenntnisse" dazu vor, dass sich "die beiden Staatsanwälte tatsächlich in Deutschland aufhalten".
Auslieferungsverfahren gestalten sich in der Regel langwierig. Das Ersuchen wird auf diplomatischem Weg gestellt und landet beim Auswärtigen Amt. Dann werden die Unterlagen an die Justizbehörden und vom zuständigen Landesjustizministerium an die zuständige Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet. Voraussetzung einer Auslieferung eines nichtdeutschen Staatsangehörigen ist, dass die Auslieferung vom Oberlandesgericht für zulässig gehalten und vom Bundesamt für Justiz im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt bewilligt wird.
Die türkische Staatsführung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnet die Gülen-Bewegung als "Parallelstaat". Der Prediger lebt seit 1999 in den USA im Exil. Die Türkei fordert von den USA die Auslieferung Gülens. Der 75-Jährige bestreitet eine Verwicklung in den Umsturzversuch vom 15. Juli und forderte die US-Regierung auf, sich dem Auslieferungsgesuch zu widersetzen. Çavuşoğlu sagte, die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA würden "beeinträchtigt", wenn diese Gülen nicht auslieferten.