Militärhilfen für Libanon:Mit dem Scheckbuch gegen die Hisbollah

Lebanese army soldier gestures as he runs near the site of the explosion in Beirut's downtown area

Libanon: Soldaten der libanesischen Armee am Ort einer heftigen Explosion in Beirut im Ende Dezember 2013

(Foto: REUTERS)

Frankreich und Saudi-Arabien spendieren der libanesischen Armee Militärhilfen im Wert von Milliarden. In ihr sehen Paris und Riad ein Gegengewicht zur schiitischen Hisbollah im Land - die steht mit Syriens Diktator Assad im Bunde.

Von Rudolph Chimelli, Paris

Wie sehr die Hisbollah-Miliz im Zentrum der politischen Auseinandersetzung in Libanon steht, das wurde am Donnerstag erneut durch eine heftige Detonation in der Hauptstadt Beirut deutlich. Mindestens fünf Menschen seien getötet worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Bombe explodierte im südlichen Stadtteil Harat Hreik - wo sich das Hauptquartier und Kommandozentralen der schiitischen Miliz befinden. Schon zuvor hatten Frankreich und Saudi-Arabien beschlossen, gemeinsam die schlecht bewaffnete libanesische Armee aufzurüsten. Offiziell soll sie damit die Mittel erhalten, die zunehmenden Anschläge von Terroristen im Land zu unterbinden.

Es geht aber auch darum, ein Gegengewicht zur von Iran unterstützten Hisbollah zu schaffen. Nach einem Staatsbesuch des französischen Präsidenten François Hollande beim saudischen König Abdallah am Wochenende wurde bekanntgegeben, dass das Königreich dafür drei Milliarden Dollar bereitstellt. Damit sollen moderne Waffen in Frankreich gekauft werden, für Libanon. Der libanesische Präsident Michel Sleimane sagte, dies sei die größte Hilfe, welche die Streitkräfte des Landes je erhalten hätten. Dass die Verteidigungsausgaben von Libanon auf jährlich 1,7 Milliarden Dollar geschätzt werden, macht die Größenordnungen sichtbar.

Stellvertreterkrieg zwischen Sunnis und Schiiten

Die Rüstungshilfe der USA betrug seit dem Jahr 2006 eine Milliarde Dollar. Sie bestand hauptsächlich aus Lastwagen und anderen Transportmitteln, weil im amerikanischen Kongress starke Vorbehalte dagegen bestehen, dass ein Nachbarland Israels Waffen erhält. Libanons Armee hat Panzer russischer Herkunft, aber bisher keinen Kampfhubschrauber. Sie hat sich bisher aus dem chronischen Parteienstreit des Landes als einzige Institution des Staates heraushalten können.

Im Stellvertreterkrieg, der in der Region zwischen der schiitischen Vormacht Iran und konservativen sunnitischen Kräften unter Führung Saudi-Arabiens ausgetragen wird, sind Paris und Riad Verbündete. Im syrischen Bürgerkrieg unterstützen sie einen Teil der Aufständischen gegen Präsident Baschar al-Assad. Dieser wiederum steht unter dem Schutz Russlands, und auch aus Teheran bekommt Assad Waffen und Militärberater zur Verfügung gestellt.

Hinweise eines westlichen Geheimdiensts

Die kampferprobten libanesisch-schiitischen Hisbollah-Milizen haben in kritischen Phasen auf Seiten Assads in die Kämpfe eingegriffen. Ihr Ansehen in Libanon stützte sich bisher darauf, dass sie während der jahrelangen israelischen Besetzung des Südens so erfolgreich Widerstand leisteten, dass Israels Truppen schließlich abzogen.

Die Hisbollah hat sich unter Berufung auf diese patriotische Leistung geweigert, ihre Waffen niederzulegen, und der Staat mit seiner kleinen Armee hätte ihre Entwaffnung nicht durchsetzen können. Da die Hisbollah zugleich die stärkste politische Kraft Libanons ist, wäre jeder Versuch in dieser Richtung mit dem Risiko verbunden gewesen, dass erneut ein verheerender Bürgerkrieg ausbricht. Ob die saudische Zuwendung, die auf fünf Jahre gestreckt wird, an diesen Machtverhältnissen etwas ändert, bleibt abzuwarten.

Gleichzeitig wurde in Beirut bekannt, dass der libanesische Geheimdienst einen Mann in Gewahrsam hält, der Assad mit terroristischen Mitteln bekämpft. Der saudische Anführer der al-Qaida nahe stehenden Terroristengruppe "Brigade Abdallah Assam", Madschid Mohammed al-Madschid hatte sich zu dem Anschlag auf die iranische Botschaft bekannt, dem im November 25 Menschen zum Opfer fielen, unter ihnen der iranische Kulturattaché. Der 40 Jahre alte Madschid war in Libanon bereits in seiner Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil ihm die Verantwortung für den Tod von 168 libanesischen Soldaten angelastet wird, die vor sechs Jahren im Kampf um das palästinensische Flüchtlingslager Nahr al-Bared im Norden des Landes fielen. Auch Saudi-Arabien sucht Madschid als Terroristen.

Anschlag gegen Politiker

Madschid wurde an einem Straßenkontrollpunkt der libanesischen Armee verhaftet, offenbar auf Grund eines Hinweises von einem westlichen Geheimdienst. Er kam gerade aus Syrien zurück, wo er - wie es heißt - dem Anführer der radikalen Nusra-Front, Abu Mohammed Golani, im Kampf gegen den Diktator Assad die Bündnistreue geschworen hatte.

Die Zusage der saudisch-französischen Rüstungshilfe kam nur Stunden, nachdem in Beirut der frühere sunnitische Finanzminister Mohammed Schatah zu Grabe getragen wurde. Er stand dem ehemaligen Premierminister Saad Hariri nahe, wirkte zuletzt als dessen Berater und fiel einem Anschlag zum Opfer, als er an einem Treffen von Politikern teilnehmen wollte, welche die Rebellion gegen Assad unterstützen. Hariri ist der Sohn des gleichfalls ermordeten Premiers Rafik Hariri, der als Walter der saudischen Interessen in Libanon galt. Der Sohn hält sich, mutmaßliche aus Sicherheitsgründen, überwiegend nicht mehr in Libanon, sondern in Saudi-Arabien auf.

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