Militärdiktatur in Chile:Richter entschuldigen sich bei Opfern Pinochets

File photo of Paraguayan dictator Stroessner sitting with Chilean dictator Pinochet in Santiago

Diktatoren unter sich: Augusto Pinochet (re.) empfängt 1974 den paraguyanischen Diktator Alfredo Stroessner in Santiago

(Foto: REUTERS)

28.000 Chilenen wurden während Pinochets Diktatur gefoltert oder ermordet. 40 Jahre später haben sich die Richter entschuldigt: Dafür, dass das Justizsystem während der Militärdiktatur "versagt" habe und nicht fähig gewesen sei, "diejenigen zu schützen, die Opfer der Misshandlung durch den Staat waren."

Für die Opfer der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet in Chile kommt die Entschuldigung der Richter des Landes spät: Aber nun sei die Zeit gekommen, bei den Opfern der Misshandlung durch den Staat um Vergebung zu bitten, erklärte die chilenische Richtervereinigung am Mittwoch - knapp 40 Jahre nach der Machtergreifung durch das Militär und sieben Jahre nach dem Tod Pinochets.

"Es muss klar gesagt und vollständig anerkannt werden: Das Justizsystem und insbesondere das Oberste Gericht versagten damals in ihrer Rolle als Garanten der grundlegenden Menschenrechte und dabei, diejenigen zu schützen, die Opfer der Misshandlung durch den Staat waren", teilte die Richtervereinigung mit. Auch "die chilenische Gesellschaft" baten die Richter um Vergebung.

Die Gerichte des Landes hatten in etwa 5000 Fällen Anfragen nach Hilfe bei der Suche nach Angehörigen, die von Geheimdienst und Sicherheitskräften entführt oder ermordet worden waren, abgewiesen. Sie erklärten, keine Informationen dazu zu haben.

Members of the office of former Socialist President Allende are led out by soldiers outside La Moneda presidential palace in Santiago

September 1973: Mitarbeiter der Büros des vormaligen sozialistischen Präsidenten Allende werden von Soldaten überrumpelt

(Foto: REUTERS)

Diesen September jährt sich der Putsch unter Pinochet zum vierzigsten Mal. Die regierende Mitte-Rechts-Koalition hat angekündigt, den Jahrestag würdigen zu wollen. President Sebastián Piñera sagte, der Putsch vom 11. September 1973 sei eine "historischer Fakt" und der Jahrestag sollte "Zeit zur Reflektion" bieten. Zuvor hatte sich Hernán Larraín, Senator der konservativen Unión Demócrata Independiente, die die Militärdiktatur unterstützt hatte, für das Handeln seiner Partei entschuldigt.

3200 Tote

Die Erinnerung an Pinochets Verbrechen ist heute noch sehr lebendig: Laut einer Untersuchung wurden während seiner Herrschaft zwischen 1973 bis 1990 in Chile fast 3200 Menschen ermordet. Nachweislich wurden mindestens 28.000 Menschen gefoltert, vermutlich liegt die Zahl der Folteropfer aber weit höher.

Als eines der brutalsten Verbrechen während Pinochets Diktatur gilt die sogenannte Todeskarawane. Im Oktober 1973, einen Monat nach dem Putsch gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende, begaben sich Sondereinsatzkommandos unter der Führung von mehr als einem Dutzend ranghoher Militärs auf einen Todeszug durch Chile und ermordeten mehr als 70 Oppositionelle. Der Anführer der Truppe, Ex-General Sergio Arellano, ließ erklären, die Leichen seien mit Dynamit zerfetzt worden.

Pinochet gab 1990 die Regierungsführung ab. Der Diktator starb am 10. Dezember 2006. Trotz zahlreicher Klagen im In- und Ausland musste er sich nie vor Gericht verantworten.

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