Militärbündnis:Nato sieht sich "nicht beeinträchtigt"

Die Allianz "wurde geschaffen, um Krisen zu bewältigen", betont Generalsekretär Stoltenberg.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Die Außenminister der 30 Nato-Staaten haben in einer Videokonferenz über die globale Corona-Pandemie beraten. In einer Erklärung gedachten sie der Opfer und dankten unter anderem Ärzten und Pflegern für ihren Einsatz im Kampf gegen das neuartige Virus. Zugleich betonten sie, dass die Fähigkeit der Nato "nicht beeinträchtigt" sei, Operationen durchzuführen und ihre Kernaufgaben zu erfüllen: Abschreckung und Verteidigung.

"Die Nato wurde geschaffen, um Krisen zu bewältigen. Wir leisten unseren Beitrag", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Mitglieder beauftragten den militärischen Oberkommandierenden, den US-General Tod Wolters, die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu koordinieren und auszubauen. So soll es etwa Sondergenehmigungen für Hilfsflüge geben. Unter anderem Rumänien und die Slowakei hatten die riesigen Transportflugzeuge der Nato genutzt, um medizinisches Material von Südkorea und China nach Europa zu bringen. Wolters soll auch dafür sorgen, dass die Hilfsgesuche von Nato-Mitgliedern schneller mit bestehenden Angeboten zusammengebracht werden. Mitte April werden die Verteidigungsminister bei einem Sondertreffen über weitere Schritte diskutieren.

Vor Beginn der Sitzung hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) an die Solidarität unter den Partnern appelliert. Deutschland habe mehr als 100 schwerkranke Patienten aus Frankreich und Italien zur Behandlung ausgeflogen, sagte Maas. Spezielle Flugzeuge der Bundeswehr könnten ein deutscher Beitrag sein. Erneut bekannte sich Maas zu dem Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukuts für Verteidigung auszugeben, wie das Bündnis gemeinsam formuliert hatte. "Wir stehen zu unseren Zusagen", sagte er und betonte, dass Berlin seine Verteidigungsausgaben seit 2014 um 45 Prozent erhöht habe. Die wegen der Pandemie erwartete Rezession dürfte dazu führen, dass viele Mitglieder dem 2014 vereinbarten Ziel, zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, näher kommen. Denn ein Absinken des Bruttoinlandsprodukts führt dazu, dass das bereits beschlossene Militärbudget proportional größer wird. In der Nato-Zentrale rechnen Diplomaten nicht damit, dass gerade Italien und Spanien in der Lage sein werden, mehr in Verteidigung zu investieren. Einige fürchten, dass Regierungen die Coronakrise als Grund für Kürzungen anführen werden -- und niemand erwartet, dass US-Präsident Donald Trump die Kritik an den Europäern einstellt.

Dabei werden die Aufgaben für die Nato nicht geringer, wie Stoltenberg betonte. Man werde sich weiter bemühen, zum Frieden in Afghanistan beizutragen, unterstütze die Partner Ukraine und Georgien und müsse den Kampf gegen al-Qaida und die IS-Dschihadisten fortsetzen. Die Ausbildungsmission im Irak soll daher schnellstmöglich ausgebaut werden. Zudem registriere die Nato neben gezielten Desinformationskampagnen auch "bedeutsame militärische Aktivitäten" Russlands nahe der eigenen Grenzen; so wurde Ende März eine Übung mit mehreren tausend Soldaten in Russlands westlichem Militärbezirk abgehalten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: