Schwerin/Berlin (dpa/mv) - Die gescheiterte Suche nach einer gemeinsamen Strategie von Ampel-Regierung und Union zur Begrenzung der irregulären Migration hat in Mecklenburg-Vorpommern unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig warf den Spitzen der Unionsparteien vor, nicht zu einer Zusammenarbeit in der Frage bereit zu sein.
„Ich habe kein Verständnis dafür, dass man vom Tisch geht. Das sieht für mich nach einem gezielten Platzen lassen aus. Das hilft niemandem, unserem Land nicht und dem Thema nicht“, sagte die SPD-Politikerin in Schwerin, nachdem am Dienstagabend Unionsfraktionschef Friedrich Merz in Berlin die Gespräche für gescheitert erklärt hatte. Die Nichtfähigkeit zur Zusammenarbeit mache die Populisten weiter stark, warnte Schwesig.
CDU-Politiker beklagt dysfunktionales Asylsystem
Rückendeckung für sein Agieren erhielt Merz von CDU-Landes- und Landtagsfraktionschef Daniel Peters. Er warf der Bundesregierung fehlenden Willen vor, Abschiebungen und Zurückweisungen von Flüchtlingen an den Grenzen konsequent umzusetzen. Vor allem die Grünen, aber auch weite Teile der SPD seien nicht bereit, Migration nach Deutschland, so wie sie derzeit stattfinde, als vordringlich zu lösendes politisches Problem zu akzeptieren.
Peters sprach von einem „dysfunktionalen deutschen Asylsystem“. „Faktisch ist es ausgerichtet auf diejenigen, die es bis nach Deutschland schaffen und die dann mithilfe findiger Anwälte und politischer Aktivisten einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland ertrotzen. So ist es aber nicht gedacht und so darf es auch nicht bleiben“, betonte Peters.
Union lehnt weitere Gespräche zur Begrenzung der Zuwanderung ab
Ampel-Regierung und Union hatten bei ihrem Treffen im Bundesinnenministerium keinen gemeinsamen Nenner zur künftigen Migrationspolitik gefunden. Nach Ansicht von CDU und CSU waren die Regierungsparteien Vorschläge schuldig geblieben, mit deren Hilfe es tatsächlich zu Zurückweisungen an der Grenze über das bisher übliche Maß hinaus kommen könnte. Merz lehnte weitere Angebote aus der Ampel-Regierung für eine Fortsetzung der Gespräche ab. Der Versuch sei gescheitert, einen gemeinsamen Weg zu gehen, sagte er. Ampel-Politiker warfen der Union im Gegenzug Verantwortungslosigkeit vor.
Nach den Worten Schwesigs ist das Thema Migration eines der großen gesellschaftlichen Themen, die die Menschen derzeit umtreiben und in denen sie Veränderungen erwarten. „Ich halte es für ganz, ganz wichtig für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, dass die demokratischen Kräfte sich zusammensetzen und Lösungen finden. Da müssen alle aufeinander zugehen“, betonte sie. Die Ampel-Regierung habe viele Vorschläge präsentiert.
FDP fordert Rückkehr an Verhandlungstisch
„Die Entwicklung nach einem Kontrollverlust mit Ansage und sehendem Auge seit 2015 hat gezeigt, dass die Migrationsfrage nur mit breitem Konsens gelöst werden kann“, erklärte FDP-Fraktionschef René Domke. Bund, Länder und die Parteien der Mitte müssten dabei zusammenarbeiten. „Das ist zu Recht auch die Erwartung der Menschen in Deutschland“, sagte er. Die Ampel-Koalition habe einen Plan für effektive Zurückweisungen von Migranten vorgelegt. Die Union solle an den Verhandlungstisch zurückkehren, mahnte Domke.
Der AfD-Abgeordnete Jan-Phillip Tadsen forderte Schwesig dazu auf, über „ernsthafte Antworten auf das offensichtliche Migrationsproblem“ offen zu debattieren, statt „den Trend einer arroganten Moralpolitik“ fortzusetzen. Für die Landtagssitzung Ende September kündigte Tadsen einen Antrag an, um die Abgeordneten „über zielgerichtete Maßnahmen für die Rückgewinnung der Kontrolle an unseren Grenzen“ abstimmen zu lassen.
Die Linke warf in ihrer Stellungnahme den Unionsparteien vor, Menschenrechte außer Acht zu lassen und Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaft schleifen zu wollen. „Es ist unerträglich, wie insbesondere Merz jeden Tag an der Eskalationsschraube dreht und die schreckliche Tat von Solingen instrumentalisiert, um medienwirksam die Ampel-Koalition vor sich herzutreiben“, erklärte der Linke-Abgeordnete Michael Noetzel. Die Ampel forderte er auf klarzustellen, dass Geflüchtete und Schutzsuchenden nicht das Problem seien.
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