Seit Jahren ringt die EU um eine gemeinsame Asylpolitik. Hauptstreitpunkt war dabei stets die Frage, ob Mitgliedstaaten verpflichtet werden können, Migranten aufzunehmen. Der neue Migrationspakt, den die EU-Kommission an diesem Mittwoch präsentieren wird, enthält darum keinen automatischen Verteilmechanismus mehr, sondern stattdessen ein abgestuftes System, um auf verschiedene Situationen mit angemessenen Instrumenten reagieren zu können.
Nach SZ-Informationen soll dieses System drei verschiedene Fälle unterscheiden: akute Krisensituationen, die das nationale Asylsystem gefährden; erhöhten Druck oder die Gefahr eines solchen; oder Seenotrettungsfälle, bei denen es um den Verbleib von Menschen geht, die auf dem Mittelmeer aus Seenot gerettet werden.
In all diesen Fällen könnten betroffene Mitgliedstaaten einen Solidaritätsmechanismus aktivieren. In Brüssel heißt es, dabei gehe es darum festzustellen, ob die betroffenen Mitgliedstaaten durch Vermittlung der EU-Kommission die passende Hilfe bekommen, um mit der Situation fertig zu werden.
Auch Staaten wie Ungarn oder Polen, die sich in der Vergangenheit stets geweigert hatten, Menschen aufzunehmen, sollen in dieses System einbezogen werden. Es werde für sie alternative Wege geben, die angeforderte Solidarität beizutragen.
Nur als "Korrektiv", so heißt es, als "Ultima Ratio", solle die EU-Kommission auch auf einer Verteilung von Migranten bestehen können. Eine entsprechende Entscheidung soll als Rechtsakt der Kommission ergehen, der vom Europaparlament und dem Rat der Mitgliedstaaten überprüft werden kann.
An den EU-Außengrenzen soll dem Vorschlag der Kommission zufolge als Vorstufe ein neues Screening-Verfahren etabliert werden, mit dem bestimmt werden soll, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand tatsächlich einen Asylanspruch hat; dabei soll auch die Anerkennungsquote für Menschen aus den unterschiedlichen Herkunftsländern eine Rolle spielen.
EU-Kommission hofft auf endlich gemeinsames Vorgehen
Anders als während der Flüchtlingskrise 2015 müssen nach Schätzungen der EU-Kommission derzeit zwei Drittel der Ankommenden mit einer negativen Asylentscheidung rechnen. Diese Grenzverfahren sollen dem Vorschlag zufolge nicht zwingend direkt an der Grenze stattfinden; stattdessen sollen die EU-Staaten solche Prüfungen auch an anderen Orten auf ihrem Territorium durchführen können.
Außerdem soll ein System für geordnete Rückführungen bei den neuen Vorschlägen der Kommission eine viel größere Rolle spielen als bisher. Dabei sollen Mitgliedstaaten einander im Wege sogenannter "Sponsorships" dabei helfen, Rückführungen in Drittstaaten zu organisieren - auch das könne als Akt der Solidarität gewertet werden.
In der Kommission hofft man, dass die Vorschläge den Mitgliedstaaten in der Asylfrage endlich ein gemeinsames Vorgehen ermöglichen werden. "Wir können es uns nicht leisten, zweimal aus denselben Gründen zu scheitern", heißt es dort.