CDU-Chef Friedrich Merz drängt vor dem Migrationsgipfel von Bund und Ländern an diesem Dienstag auf schnelle Entscheidungen für einen härteren Kurs bei der Zuwanderung. „Der Zuzug muss jetzt wirklich deutlich begrenzt werden“, sagte Merz bei einer CDU-Veranstaltung in Osnabrück. „Wenn es morgen zu keiner Einigung kommt, dann brauchen wir nicht weitere Gespräche zu führen.“
Entscheidend seien Schritte, „um die Zurückweisung an den deutschen Staatsgrenzen zu ermöglichen, solange wir auf europäischer Ebene nicht ein funktionsfähiges System der Aufnahme und der Verteilung der Flüchtlinge in der Europäischen Union haben“. Bereits in der kommenden Woche könne der Bundestag konkrete Gesetze beschließen – das habe er der Ampel-Koalition angeboten, sagte der Unionsfraktionschef.
Die Bundesregierung bemüht sich bereits, die Erwartungen an die Runde zu dämpfen, die nach dem Messeranschlag von Solingen initiiert worden war. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte in Berlin zu den Aussichten auf konkrete Ergebnisse: „Ich würde eher dafür plädieren, jetzt erst mal abzuwarten und nicht im Vorhinein hier große Erwartungen zu formulieren.“
Merz betonte, er wolle die Migrationsdebatte nicht ins nächste Jahr tragen. „Ich habe kein Interesse daran, dieses Thema zum Hauptthema des Bundestagswahlkampfes 2025 zu machen“, sagte der Unionsfraktionschef. „Ich glaube, es wäre gut, wenn wir in der politischen Mitte unseres Landes in der Lage wären, dieses Problem gemeinsam zu lösen.“
Drastische Forderungen kommen von den Kommunen
Vor dem Treffen kommen auch Forderungen vom Deutschen Landkreistag, die irreguläre Migration einzudämmen. Die bisherigen Pläne der Regierung, Abschiebungen zu erleichtern und Leistungen für bestimmte Flüchtlingsgruppen zu kürzen, reichten nicht aus, zitiert der Spiegel aus einem Positionspapier des kommunalen Spitzenverbandes. Der Landkreistag fordert darin ein "Gesamtkonzept für eine grundlegend andere Migrationspolitik", einschließlich eines nationalen Aufnahmestopps als "Ultima Ratio". "Kein Staat ist verpflichtet, Flüchtlinge in einem Umfang aufzunehmen, der die Funktionsfähigkeit seiner Institutionen akut gefährdet", zitiert das Magazin aus dem Papier.
Die Forderungen der Kommunen gehen deutlich über das hinaus, was die Ampel-Koalition bislang vorgelegt hat. Die Kommunen drängen dem Bericht zufolge auf die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für Abschiebehaft und -gewahrsam sowie die Ablehnung von Asylanträgen bei ungeklärter Identität. Zudem sollen Abschiebungen nach Syrien generell ermöglicht und der subsidiäre Schutzstatus, den die meisten Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland erhalten, abgeschafft werden. Wer nicht von individueller politischer Verfolgung bedroht sei, müsse mit Unterstützung der EU in den Nachbarländern Schutz erhalten und nicht hierzulande. Flüchtlingen, für deren Asylverfahren ein anderes EU-Land zuständig ist, solle der Weg nach Deutschland versperrt bleiben. Asylbewerbern, die sich „nur noch aufgrund einer Duldung rechtmäßig in Deutschland aufhalten“, sollen die Leistungen auf das Niveau der Grundversorgung gekürzt werden. Dies könne die Betroffenen zur freiwilligen Ausreise bewegen, hieß es weiter.
Nach dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag mit drei Todesopfern in Solingen hatte die Bundesregierung ein Paket an neuen Sicherheitsmaßnahmen vorgestellt und Gespräche zwischen Bund und Ländern zum Thema angekündigt. Das Paket solle auch „wesentliche Grundlage“ für das Treffen am Dienstag sein, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. „Über das Paket hinaus haben wir deutlich gemacht, dass wir für Vorschläge der Union und der Länder offen sind und diese miteinander beraten werden.“
Das sogenannte Sicherheitspaket sieht Verschärfungen bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer vor, Schritte zur härteren Bekämpfung des islamistischen Terrors und Verschärfungen beim Waffenrecht. Vorgesehen ist dabei etwa, dass Schutzsuchende, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist, in Deutschland keine Leistungen mehr erhalten – wenn dieses Land zu einer Rücknahme bereit ist.
An dem Treffen im Bundesinnenministerium sollen an diesem Dienstag für die Bundesregierung unter anderem Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teilnehmen. Auch Vertreter der Ampelfraktionen kommen. Für die Unionsfraktion nimmt unter anderem Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) teil. Für die Länder vertritt Hessen die Unionsseite und Niedersachsen die SPD-Seite.