Potsdam (dpa/bb) - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat den Kommunen eine weitere Entlastung angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten in Aussicht gestellt. „Es ist ein erster Schritt und diesem ersten Schritt werden sehr schnell weitere Schritte folgen“, sagte Woidke am Mittwoch nach einem Flüchtlingsgipfel der Regierung mit den Kommunen in Potsdam. Ein verabredetes Zehn-Punkte-Papier sei ein guter Fahrplan - darüber berate eine Arbeitsgruppe weiter. Die Zahl neu angekommener Flüchtlinge in Brandenburg war in diesem Jahr bisher deutlich niedriger als erwartet.
Längere Erstaufnahme: Die Landesregierung sagte den Kommunen zur Entlastung zunächst zu, dass 450 Geflüchtete pro Monat weniger in Kommunen kommen sollen, indem sie länger in der Erstaufnahme bleiben. Ab 1. Juli sollen nur Menschen mit Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden. Für mehr Schul- und Kitabau solle es beste Rahmenbedingungen geben, sagte Woidke. Der Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte soll laut Arbeitspapier erleichtert werden.
Der Regierungschef will auch den Druck auf den Bund verstärken. Deutschland trage bei der Flüchtlingsaufnahme die größte Last in Europa, sagte Woidke. „Es muss da bessere Lösungen geben.“ Mehr Geld vom Bund sei nötig - das sei auch ein Thema bei der Ministerpräsidentenkonferenz in der nächsten Woche. Die Zahl irregulären Einreisen über die polnische Grenze nach Brandenburg war zuletzt gestiegen.
Schulen und Kitas: Die Landesregierung verwies auf Fördermittel des Landes und der EU für Kommunen und auf das Ganztagsschulprogramm des Bundes. Wegen erheblicher Personaldefizite will das Land alle Möglichkeiten nutzen, um Lehrkräfte einzustellen. Dazu gehöre auch der Einsatz von Lehramtsstudentinnen und -studenten und die Arbeit von Referendaren direkt nach der Ausbildung.
Erstaufnahme: Innenminister Michael Stübgen (CDU) sagte, an den drei Standorten für die Erstaufnahme von Flüchtlingen im Land - Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) und Wünsdorf - würden zeitnah wie vereinbart 1500 neue Plätze geschaffen. Dafür seien überwiegend neue Container nötig. Für die restlichen 1500 Plätze müssten noch andere Standorte in Kommunen gefunden werden. Das hatte auch die SPD im Landtag gefordert, damit die drei Orte nicht überlastet sind.
Kommunen: Die Kreise und Städte sehen noch offene Fragen, reagierten aber auch positiv. „Ja, es wurde anerkannt, dass es einen Investitionsbedarf gibt“, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Wittenberges Bürgermeister Oliver Hermann (parteilos), mit Blick auf die Belastung von Schulen und Kitas. „Wir hätten uns natürlich schon durchaus auch gewünscht, dass eine bestimmte Summe genannt wird, die dann verteilt wird und die bei den Städten und Gemeinden ankommt.“ In der gemeinsamen Arbeitsgruppe soll auch besprochen werden, „wo es klemmt und man sich nicht so einig ist“.
Der Vorsitzende des Landkreistages, Oberspreewald-Lausitz-Landrat Siegurd Heinze (parteilos), sagte, er erwarte, dass der Zustrom von Flüchtlingen verringert werde. Dafür sei der Bund zuständig. Er bezeichnete seine Stimmung nach dem Flüchtlingsgipfel mit der Landesregierung als „grundzufrieden“. Nach dem vorherigen Flüchtlingsgipfel im März, zu dem das Innenministerium eingeladen hatte, hatten sich die Kommunen verärgert gezeigt. Sie forderten mehr konkrete Unterstützung für Kitas und Schulen.
Die Regierung und die Kommunen schlossen keine endgültige Vereinbarung. Dies sehe er auch in der kommenden Zeit nicht, da die Lage dynamisch bleibe, sagte Woidke auf die Frage, warum es nach dem Treffen mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Arbeitspapier und keine konkrete Einigung gegeben habe.
Flüchtlinge: Bis Ende Mai wurden etwa 5000 Geflüchtete in der Brandenburger Erstaufnahme registriert - das seien weniger als erwartet, berichtete Sozialstaatssekretärin Antje Töpfer im Sozialausschuss des Landtags. Die Frage, ob das bisher festgelegte Aufnahmesoll für die Landkreise und kreisfreien Städte von knapp 26.000 Menschen entsprechend nach unten korrigiert wird, soll erst Ende Juni geklärt werden, sagte Innenstaatssekretär Markus Grünewald im Innenausschuss. Allerdings sei eine leichte Senkung der Zahl zu erwarten, weil weniger Menschen aus der Ukraine um Aufnahme gebeten hätten. Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sagte, Flucht und Migration verlaufe in Wellen und sei schlecht planbar.
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