Süddeutsche Zeitung

Migration in Italien:Salvini will Flüchtlinge nach Libyen zurückschicken

  • "Entweder entscheidet Europa, Italien konkret zu helfen, oder wir werden gezwungen sein, zu tun, was das Geschäft der Schmuggler definitiv beenden wird: die auf See geretteten Menschen in einen libyschen Hafen zu bringen", so der italienische Innenminister.
  • Hintergrund ist ein Streit mit Malta, wer die knapp 180 Flüchtlinge auf dem Rettungsschiff Diciotti aufnehmen muss.
  • Vorgehen könnte sich für Italien allerdings als rechtlich problematisch erweisen.

Italien schottet sich weiter ab: Nach einem Streit mit Malta über ein Schiff mit Flüchtlingen und Migranten an Bord hat der italienische Innenminister Matteo Salvini damit gedroht, knapp 180 Menschen nach Libyen zurückzuschicken. Der Politiker der rechtspopulistischen Partei Lega forderte am Sonntag, andere europäische Länder müssten die Menschen aufnehmen, die seit drei Tagen auf einem Schiff der italienischen Küstenwache ausharren. Sein maltesischer Kollege Michael Farrugia hatte erklärt, die "einzige Lösung" sei, dass die Diciotti auf der Insel Lampedusa oder in einem anderen italienischen Hafen anlege.

Die Diciotti, im Einsatz im Rahmen der EU-Mission Frontex, hatte die Flüchtlinge und Migranten am 16. August gerettet. Ursprünglich waren es 190 Personen. 13 Menschen, die dringende medizinische Hilfe benötigten, wurden auf die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa gebracht. Die übrigen Personen sollte das Schiff nach Malta bringen, doch die maltesischen Behörden verweigerten die Erlaubnis. Das Schiff sei nicht in einer Notlage, und die Menschen hätten maltesische Hilfe abgelehnt, hieß es zur Begründung. Sie zögen es vor, nach Italien weiterzufahren.

Die italienische Regierung wurde bereits vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügt

In einem Tweet beschuldigte Farrugia Italien, die Menschen in maltesischen Gewässern gerettet zu haben, "nur um sie daran zu hindern, in italienische Gewässer einzufahren". Salvini erwiderte in scharfem Ton: "Entweder entscheidet Europa, Italien konkret zu helfen, angefangen mit den rund 180 Migranten an Bord der Diciotti, oder wir werden gezwungen sein, zu tun, was das Geschäft der Schmuggler definitiv beenden wird: die auf See geretteten Menschen in einen libyschen Hafen zu bringen", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa Salvini.

Ein solches Vorgehen könnte sich für Italien allerdings als rechtlich problematisch erweisen. Die italienische Regierung wurde bereits vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen des Einsatzes ihrer Schiffe bei der Rückführung von Menschen nach Libyen gerügt. Nichtregierungsorganisationen verweisen immer wieder auf Gewalt und andere Menschenrechtsverletzungen in den libyschen Flüchtlingsunterkünften. Sie lehnen daher eine Rückführung von Migranten in das nordafrikanische Land ab.

Seither unterstützt Italien die libysche Küstenwache, die eigenen Küsten besser zu überwachen, um Flüchtlinge und Migranten zurückzubringen. Der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli forderte am Sonntag eine Öffnung europäischer Häfen. Die Haltung Maltas sei sanktionswürdig, twitterte er. Malta verteidigt sein Vorgehen als völlig im Einklang mit internationalem Recht stehend.

Zwischen Italien und Malta gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Streit um die Aufnahme von Bootsflüchtlingen - die seit Juni amtierende Regierung in Rom hat die italienischen Häfen für Bootsflüchtlinge gesperrt. Am Mittwoch hatte Malta das Flüchtlingsrettungsschiff Aquarius erst nach tagelanger Irrfahrt einlaufen lassen, nachdem mehrere EU-Staaten die Aufnahme der 141 Flüchtlinge an Bord zugesagt hatten.

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