Süddeutsche Zeitung

Entwurf für Zuwanderungsgesetz:Wie Fachkräfte in Deutschland bleiben können

Lesezeit: 2 Min.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Als CDU und CSU sich im Sommer einen erbitterten Asylstreit lieferten, der die große Koalition in Berlin an den Abgrund brachte, witterte die SPD mitten im Chaos ihre Chance. Im finalen Kompromisspapier brachte sie den Satz unter: "Der Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird noch in diesem Jahr vom Bundeskabinett in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht."

Nun, gut vier Monate später, ist es beinahe so weit. Am Montag hat das Bundesinnenministerium den Referentenentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz in die Abstimmung mit den anderen Ressorts gegeben. Aus dem Begleitschreiben zu dem Entwurf geht hervor, dass der Kabinettsbeschluss schon für den 19. Dezember vorgesehen ist; also noch vor Jahresende, genau wie im Sommer vereinbart.

Die drei hauptsächlich mit dem Thema befassten Ministerien für Inneres, Arbeit und Wirtschaft haben sich vorher eng miteinander abgestimmt. Trotzdem wird es mit ziemlicher Sicherheit auf dem Weg zum Kabinett noch einige Wortmeldungen und Änderungswünsche geben. Denn der Entwurf, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, sieht einige deutliche Veränderungen vor, was den Zuzug von Fachkräften angeht.

Die Wirtschaft fordert schon lange eine Lockerung der Einwanderungsregeln

Hintergrund des Vorhabens ist der Fachkräftemangel in vielen Regionen und Branchen Deutschlands. Die Wirtschaft fordert schon lange eine Lockerung der Einwanderungsregeln für qualifizierte Beschäftigte aus Nicht-EU-Staaten. Für Fachkräfte mit Hochschulabschluss gibt es schon jetzt ein ziemlich liberales Zuwanderungsrecht; wer nur eine Berufsausbildung hat, für den war es bislang dagegen eher schwer.

Dem Entwurf nach darf künftig im Prinzip jeder hier arbeiten, der einen Arbeitsvertrag und "eine anerkannte Qualifikation" vorweisen kann. Die bisher vorgeschriebene Prüfung, ob nicht vielleicht ein Deutscher oder ein EU-Bürger für die Stelle infrage käme, fällt weg - ebenso die Beschränkung auf sogenannte Engpassberufe, die von der Bundesagentur für Arbeit ermittelt werden.

Neu ist auch, dass Fachkräfte für sechs Monate einreisen dürfen, um sich hier eine Stelle zu suchen. "Fachkräfte können sowohl einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung als auch eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche erhalten", heißt es in dem Entwurf. Voraussetzung ist, dass sie gut genug Deutsch sprechen und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können.

Knackpunkt für alle, die in Deutschland arbeiten wollen, dürfte allerdings "die Feststellung der Gleichwertigkeit der Qualifikation" bleiben, wie es in dem Gesetzestext heißt. Denn die Anerkennung von ausländischen Berufsausbildungen ist bislang ein mühsamer Prozess, der aus den Heimatländern der Bewerber heraus oft nur schwer zu bewerkstelligen ist.

Auch "Anpassungs- oder Ausgleichsmaßnahmen" sollen möglich sein

Der Entwurf allerdings enthält in diesem Punkt eine womöglich entscheidende Lockerung: Es soll "eine begrenzte Möglichkeit" geschaffen werden, sich "unter bestimmten Voraussetzungen" seine im Ausland erworbene Berufsausbildung erst nach der Einreise in Deutschland anerkennen zu lassen. Das bedeutet: Qualifizierte Ausländer können einreisen, womöglich schon eine Nebentätigkeit beginnen - und sich parallel dazu ihre Qualifikationen aus der Heimat anerkennen lassen. Auch "Anpassungs- oder Ausgleichsmaßnahmen" sollen möglich sein, also das Füllen von fachlichen Lücken. Auch hier sind Sprachkenntnisse Voraussetzung.

Gelockert werden auch die Regeln für die sogenannte Ausbildungsduldung, dass also Flüchtlinge während ihrer Lehre nicht abgeschoben werden und nach dem Abschluss noch zwei Jahre hier arbeiten dürfen. Künftig gilt diese Ausbildungsduldung auch für anerkannte Helferausbildungen. Zudem wurde die "3 plus 2 Regelung" bislang oft unterschiedlich streng ausgelegt von den Ausländerbehörden der Länder; in Zukunft gelten einheitliche Standards.

Besonders umstritten zwischen Union und SPD war bislang immer der Umgang mit gut integrierten Geduldeten, also Flüchtlingen, deren Abschiebung nur ausgesetzt ist. Der Entwurf sieht nun eine neue "Beschäftigungsduldung" von zwei Jahren vor. Voraussetzung: Die Betroffenen sind seit einem Jahr geduldet, seit eineinhalb Jahren mit mindestens 35 Wochenstunden sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sprechen gut genug Deutsch und können ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Gemeint ist damit aber nur ihr eigener Lebensunterhalt - also nicht auch noch der ihrer Kinder und Angehörigen.

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