Dass der neue Innenminister beim härteren Asylkurs nicht zögert, hatte er schon an seinen ersten Amtstagen demonstriert. Tausende zusätzliche Bundespolizisten setzte Alexander Dobrindt sofort nach seiner Amtsübernahme Richtung Grenze in Bewegung und wies neben verschärften Kontrollen gleich auch rechtlich umstrittene Zurückweisungen in Asylfällen an.
Bei der Sitzung des Bundeskabinetts am Mittwochmorgen ist Dobrindt noch einen Schritt weitergegangen und hat die ersten Gesetzesänderungen für ein härteres Asyl- und Einwanderungsrecht vorgelegt. Mit Erfolg. Die Ministerinnen und Minister haben eine Aussetzung des Familiennachzugs für bestimmte Geflüchtete und eine Rücknahme der Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Einwanderer beschlossen.
Dobrindt hatte seine Reform als sogenannte Formulierungshilfe für den Bundestag ins Kabinett eingebracht. Sie soll also durch Union und SPD aus dem Parlament heraus auf den Weg gebracht werden. Das beschleunigt das Verfahren, wenn sich die Fraktionen einig sind.
Bislang konnte zumindest ein Teil der Syrer in Deutschland Frauen und Kinder nachholen
Die Veränderungen zu spüren bekommen werden in den kommenden Monaten jene rund 350 000 Menschen, die zwar in Deutschland kein Asyl bekommen, aber wegen Kriegsgefahren in ihren Heimatländern in Deutschland bleiben dürfen – vor allem Syrer. Bislang konnte zumindest ein Teil dieser sogenannten subsidiär Schutzberechtigten Menschen Frauen und Kinder nach Deutschland holen. Immerhin 1000 enge Familienangehörige bekamen zuletzt pro Monat auf diesem Weg ein Visum für Deutschland. Nun aber soll dieser sogenannte Familiennachzug für Menschen außerhalb der Asylverfahren ausgesetzt werden.
Ganz neu ist die Idee nicht. Auch von 2016 bis 2018 setzte die schwarz-rote Koalition die Möglichkeit für den Nachzug aus. Das diene „der Entlastung der Aufnahme- und Integrationssysteme der Bundesrepublik Deutschland“, heißt es nun in dem neuen Gesetzentwurf. „Für eine rasche Entlastung der Kommunen“ sei dies „ein geeignetes Mittel“.
Die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts wird teilweise zurückgedreht
Das Kabinett will mit dem gleichen Gesetzesvorschlag auch die „Begrenzung“ der Migration als Staatsziel wieder ins Aufenthaltsgesetz schreiben. Besiegeln lassen hat sich Dobrindt vom Kabinett auch das Ende der von der Ampelregierung eingeführten beschleunigten Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer. Die Union hatte dies im Wahlkampf immer wieder als „Turbo-Einbürgerungen“, die künftig nicht mehr möglich sein sollten, kritisiert. Die schwarz-rote Regierung dreht damit einen Teil der von SPD, Grünen und FDP verabschiedeten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wieder zurück. An der reduzierten Wartefrist für normale Einbürgerungen von acht auf fünf Jahre und an der generellen Erlaubnis der doppelten Staatsbürgerschaft – ebenfalls Teil dieser Reform – wollen CDU, CSU und SPD laut Koalitionsvertrag aber festhalten.
Der Paritätische Gesamtverband hatte bereits im Vorfeld die Pläne, den Familiennachzug auszusetzen, hart kritisiert. Angesichts der bereits deutlich gesunkenen Asylantragszahlen in Deutschland sei „dieser massive Eingriff in die Grund- und Menschenrechte nicht zu rechtfertigen“. Sichere Zugangswege wie der Familiennachzug seien „die einzigen Einreisemöglichkeiten für Schutzsuchende, insbesondere für Frauen und Kinder, bei denen sie sich nicht auf lebensgefährliche Wege begeben müssen“.
Die Opposition warf der Regierung beim Staatsbürgerschaftsrecht einen falschen Kurs vor. Dobrindts Plan treffe ausgerechnet die Menschen, „die alle Voraussetzungen für den Erhalt der Staatsangehörigkeit erfüllen, die sich besonders schnell integrieren, die gut Deutsch sprechen und hier arbeiten“, warnte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Die Linken-Innenpolitikerin Clara Bünger kritisierte die Vorhaben ebenfalls deutlich: „Alles zusammengenommen stehen wir am Beginn einer migrationspolitischen Eiszeit.“ Diese werde „die Gesellschaft negativ verändern“ und ein „solidarisches Zusammenleben erschweren“.
Dieser Text wurde nach den Beschlüssen des Kabinetts aktualisiert.