Migranten-Lager in Calais:Bagger gegen Flüchtlinge

Die französische Polizei hat ihre Drohung wahrgemacht und das Migranten-Lager "Dschungel" bei Calais geräumt. Etwa 280 Flüchtlinge wurden festgenommen - ihnen droht Abschiebung.

Stefan Ulrich, Paris

Die französische Regierung hat ihre Ankündigung wahr gemacht und am Dienstag den sogenannten Dschungel von Calais geräumt. Am Dienstag rückten 500 Polizisten mit Baggern an, um die Hütten und Zelte illegal nach Frankreich gekommener Menschen in den Dünen um die Hafenstadt abzureißen. Etwa 278 Flüchtlinge, die hier teils seit Monaten hausten, wurden festgenommen. Nach Auskunft von Innenminister Eric Besson sollen sie nun einen Asylantrag stellen oder freiwillig in ihre Heimat zurückkehren. Sonst drohe ihnen die Abschiebung.

Viele der in dem Lager lebenden Menschen stammen aus Kriegsgebieten wie Afghanistan. Sie protestierten mit Spruchbändern gegen die Polizeiaktion. "Wir wollen nicht zu uns zurück, selbst wenn wir hier sterben müssen", stand etwa darauf. Die meisten der Flüchtlinge, unter ihnen viele Kinder und Jugendliche, hatten darauf gehofft, als blinde Passagiere auf einen Lastwagen zu kommen und so durch den Kanaltunnel nach Großbritannien zu gelangen.

"Unhaltbare Zustände"

Die britische Regierung besteht darauf, Paris müsse gegen illegale Einwanderung und Menschenschmuggler vorgehen. Am Dienstag lobte London die Räumungsaktion als "klares Signal". Die französische Regierung sagte, die Menschenschmuggler-Mafia sei geschwächt worden. Die unhaltbaren Zustände in dem wilden Flüchtlingslager hätten beendet werden müssen.

Hilfsorganisationen kritisierten, die Regierung habe einen "medialen Coup" gelandet, das Problem aber nicht gelöst. Nun würden sich die Flüchtlinge an anderen Stellen der Küste ihre Behausungen bauen. Schlepper würden noch mehr Geld für die Passage nach England verlangen.

Statt die Lager mit Gewalt zu räumen, solle Paris die Flüchtlinge besser über ihre Asylrechte aufklären oder sie bei einer freiwilligen Rückkehr unterstützen. Der für Calais im Parlament sitzende Sozialist Jack Lang meinte: "Es werden sehr schnell andere 'Dschungel' entstehen."

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