Michail Chodorkowskij:Hungerstreik im Machtkampf

Michail Chodorkowskijs geht in den Hungerstreik. An juristische Mittel scheint er nicht mehr zu glauben. Ein Testfall für den russischen Präsidenten Medwedjew.

Frank Nienhuysen

So schnell will Russlands berühmtester Häftling natürlich nicht sterben - er kokettiert nur mit dem Tod. Michail Chodorkowskijs Hungerstreik dürfte vielleicht zehn Tage dauern, dann wird der Häftling zwangsernährt. Und dennoch wählt der ehemalige Vorsitzende des Ölkonzerns Yukos diesen Weg. An juristische Mittel scheint er nicht mehr zu glauben. Mit kernigen Interviews aus der Gefängniszelle kann er den Kreml schon lange nicht mehr beeindrucken. Sonst würde Moskau sie verhindern.

Chodorkowskij, AP

Michail Chodorkowskij befindet sich im Hungerstreik.

(Foto: Archivfoto: AP)

Diesmal kämpft Chodorkowskij gegen die Verlängerung der Untersuchungshaft in seinem zweiten Prozess, und mehr noch buhlt er um die Aufmerksamkeit des Präsidenten. Bereits zum vierten Mal seit Beginn seiner achtjährigen Haftzeit verweigert Chodorkowskij die Nahrung, und doch birgt dieser Hungerstreik etwas grundsätzlich Neues. Es ist der erste in der Amtszeit von Dmitrij Medwedjew.

Das Schicksal Chodorkowskijs war viele Jahre an die Figur des Vorgänger-Präsidenten Wladimir Putin gekettet; der stand für den furiosen Machtwillen des Kremls und einer willfährigen Justiz, die sich offenbar mehr als das Werkzeug der Politik verstand. Nun aber regiert Medwedjew, der aus Russland einen modernen, liberaleren Staat machen will mit einer großzügigeren Justiz.

Chodorkowskij aber sitzt noch immer ein. Im nächsten Jahr läuft seine Haftzeit aus, 22 weitere lange Jahre könnten dazukommen. So wird aus dem aktuellen Betrugsprozess gegen den Oligarchen ein Testfall für Medwedjew. Ein Symbol für die Durchsetzungskraft des Kremlchefs gegen seinen mächtigen Vorgänger. Chodorkowskij wäre nicht der Erste, der über den Ausgang dieses Machtkampfes enttäuscht sein wird.

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