Meşale Tolu:Erleichterung, mehr nicht

Mesale Tolu Corlu

Tolu darf weiterhin nicht ausreisen.

(Foto: dpa)

Die Haftentlassung von Meşale Tolu lässt aufatmen. Ein Grund, der türkischen Justiz zu applaudieren, ist sie nicht.

Kommentar von Luisa Seeling

Ein türkisches Gericht hat entschieden, dass Meşale Tolu freigelassen werden muss. Das ist ein Grund zur Freude. Man kann nur ahnen, was die Verhaftung beider Elternteile für Tolus kleinen Sohn bedeutet hat; dass er mit Vater und Mutter wiedervereint wird, außerhalb von Gefängnismauern, ist in der Tat eine "immense Erleichterung", wie es der Bundesaußenminister nennt. Ein Grund, der Justiz zu applaudieren, ist es nicht.

Erstens ist unklar, inwieweit die Freilassung eine freie Entscheidung des Gerichts war - oder ob es, wie im Fall Peter Steudtner, eine Ansage aus dem Präsidentenpalast gab. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Richter politische Vorgaben ausführen - das liegt am miserablen Zustand des türkischen Rechtsstaats. Das Vertrauen in die Justiz ist beschädigt, und Terrorprozesse wie der gegen Meşale Tolu tragen nicht dazu bei, es wieder herzustellen.

Zweitens ist Tolu keineswegs frei. Sie darf nicht ausreisen, erst im April wird weiterverhandelt, Ausgang ungewiss.

Und dann sind da auch noch die anderen Deutschen, die aus politischen Gründen in Haft sind oder nicht ausreisen dürfen. Deniz Yücel wartet seit mehr als 300 Tagen auf eine Anklage, und noch immer ist nicht klar, welche Richtung sein Fall nehmen wird. Darf er auf Freilassung hoffen? Bleibt er in Haft, als Faustpfand Ankaras? Yücel selbst hat stets nur eines gefordert: ein faires, rechtsstaatliches Verfahren. Je zügiger, desto besser.

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