Die Union wird am Spitzentreffen zur Migration im Bundesinnenministerium teilnehmen, das für diesen Dienstag um 15 Uhr geplant ist. Das kündigte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten, Thorsten Frei (CDU), an. „Die Sache ist wichtiger als der Weg dahin“, fügte er hinzu.
Beim Hauptknackpunkt der von der Union verlangten umfassenden Zurückweisungen von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen habe Innenministerin Nancy Faeser (SPD) der Union mitgeteilt, dass es eine entsprechende Sichtweise der Regierung gebe. Dies habe die Union aber nicht schriftlich vorliegen, wie von CDU-Chef Friedrich Merz gewünscht. Man werde sich aber dem Gespräch nicht verweigern. Es werde sich am Nachmittag recht schnell zeigen, ob es eine abgestimmte Haltung der Ampel-Regierung gebe. Faeser habe ihm, sagte Frei, mündlich etwas gesagt, das nun dazu geführt habe, dass man an dem Treffen teilnehme. Die Union sehe in dem Treffen eine Chance zum Wohle des Landes, die sie nicht ungenutzt verstreichen lassen wolle.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte Kontrollen und Zurückweisungen von Migranten an der deutschen Grenze zur Bedingung dafür gemacht, dass Unionsvertreter an den Gesprächen teilnehmen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ging am Montag auf die Union zu und kündigte vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen an. Merz sagte anschließend, man höre gerade „ziemlich widersprüchliche Angaben aus der Bundesregierung, was sie denn jetzt ernsthaft will“.
„Wenn die Bundesregierung möchte, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen, dann geht es nur, wenn wir wirklich im umfassenden Umfang an den deutschen Außengrenzen zurückweisen“, betonte Merz. Umfassend bedeute für die Union, dass alle, die keinen Aufenthaltstitel hätten, den Zugang in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr bekommen sollten, vor allen Dingen jene nicht, die Asylanträge stellen würden, sagte der Fraktionschef. Asylanträge müssten nach dem sogenannten Dublin-System im Land des Erstzutritts gestellt werden.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte, Bundesinnenministerin Faeser habe angekündigt, über die bisherige Situation hinauszugehen. „Das reicht aber nicht“, sagte er. „Es muss grundsätzlich um die Zurückweisung an der Grenze gehen, dann sind wir bereit, darüber Entscheidungen gemeinsam mit der Ampel auch zu treffen.“
Von den Grünen kam deutliche Kritik an der Haltung der Union. „Friedrich Merz benimmt sich wie ein trotziges Kind“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Diese Erpressungsversuche sind nur noch lächerlich.“ Das Zurückweisen Asylsuchender nannte Mihalic im „Morgenmagazin“ der ARD „in jedem Fall rechtswidrig“. Die Menschen hätten ein Recht darauf, dass ihr Asylgesuch geprüft wird. Grünen-Chefin Ricarda Lang warnte auf der Plattform X: „Der Vorschlag von Friedrich Merz zu Zurückweisungen durch eine Notlage würde Europa zerstören. Nationale Alleingänge sorgen für Chaos und Spaltung in Europa.“
Österreich will Zurückgewiesene nicht entgegennehmen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versicherte, der Regierung sei es ernst mit gemeinsamen Lösungen. „Wir würden uns auch freuen, wenn wir da noch was gemeinsam machen können, auch mit der Opposition“, sagte er am Montag. „Im Rahmen klarer Prinzipien. Aber wir würden uns wirklich freuen.“ Von SPD-Seite sei das Angebot ehrlich gemeint. „An uns wird es nicht liegen, falls es nicht klappt“, sagte der Kanzler weiter. SPD-Chefin Saskia Esken sagte den Funke-Zeitungen, eine Begrenzung der irregulären Migration auf wasserdichten Grundlagen sei notwendig. Es komme aber auch darauf an, dass Deutschland „ein freundliches Gesicht“ behalte.
Wie genau Zurückweisungen an den Grenzen zu den europäischen Nachbarländern erfolgen sollen, ist bislang nicht bekannt. Österreich jedenfalls will „keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden“, sagte der konservative Innenminister Gerhard Karner der Bild und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Da gibt es keinen Spielraum.“
Karner argumentierte, dass Deutschland zwar das Recht habe, Menschen zurückzuschicken, wenn ein anderes EU-Land für ihren Asylantrag zuständig ist. Dafür sei aber ein formelles Verfahren und die Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaates nötig. Zurückweisungen im Rahmen von Kontrollen an den EU-Binnengrenzen seien nicht erlaubt, sagte Karner.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir an einer Stelle Bundesinnenministerin Faeser statt bei der SPD bei den Grünen verortet. Wir haben das korrigiert.