CDU:Alles, nur kein Wettkampf

NRW-Ministerpräsident Laschet

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet gilt bisher als der aussichtsreichste Kandidat.

(Foto: dpa)
  • Jens Spahn, Armin Laschet und Friedrich Merz haben Interesse an der Nachfolge Kramp-Karrenbauers - offiziell hat das aber noch keiner von ihnen erklärt.
  • Die Parteispitze möchte vermeiden, dass es zu einem offenen Wettstreit kommt, der die CDU spalten könnte.
  • Annegret Kramp-Karrenbauer hat die drei Konkurrenten für kommende Woche zu Einzelgesprächen geladen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Jens Spahn ist nicht dafür bekannt, sich wegzuducken. Auch in der CDU gibt es viele, die warten, bis sich eine Sache von alleine regelt. Spahn gehört nicht zu ihnen. Er traut sich etwas zu - und geht dabei auch ins Risiko. So hat er sich ins Präsidium der CDU gekämpft. Und so ist er Bundesminister geworden. Nach Angela Merkels Ankündigung im Oktober 2018, den Parteivorsitz aufzugeben, hat Spahn noch am selben Tag seine Kandidatur erklärt.

Doch an diesem Mittwoch ist auch er vorsichtig. Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihren Rückzug als Parteichefin angekündigt. Seitdem wollen alle wissen, ob Spahn erneut den Griff nach dem Vorsitz wagt. Aber der erklärt nur: "Ich habe immer gesagt - das habe ich, denke ich, auch dokumentiert in den letzten eineinhalb, zwei Jahren -, dass ich bereit bin, Verantwortung zu übernehmen." In welcher Konstellation das diesmal geschehe, darüber werde man in den nächsten Tagen in Ruhe reden. Die allermeisten Bürger interessierten sich sowieso weniger für Personaldebatten, sondern dafür, ob die Politik für ihren Alltag etwas bringe.

Das mag auch so sein. Aber für die CDU gilt das nicht. Man kann derzeit mit keinem führenden Christdemokraten sprechen, ohne dass es sofort um die Nachfolge-Frage geht.

Auch Armin Laschet und Friedrich Merz, die beiden anderen denkbaren Kandidaten, haben sich noch nicht offen erklärt. Merz sagte am Dienstagabend lediglich: "Ich möchte, dass wir das in einer anständigen Form untereinander austragen. Und ich werde dazu beitragen, dass diese anständige Form gewahrt wird."

Am liebsten wäre den meisten ein Kompromiss zwischen Spahn, Merz und Laschet

Trotzdem ist klar, dass alle drei möglichen Bewerber gerne CDU-Chef und Kanzlerkandidat werden wollen - die beiden Ämter sollen ja in eine Hand. Und es ist offensichtlich, dass die Parteispitze, wenn irgendwie möglich, vermeiden möchte, dass es zu einem offenen Wettrennen kommt. Sogar in der Spitze der Jungen Union, die auf dem letzten Parteitag noch eine Urwahl des Kanzlerkandidaten durchsetzen wollte, ist man inzwischen der Auffassung, dass die Partei in einer zu großen Krise stecke, als dass man sich jetzt eine Kampfabstimmung mit monatelangem Wettbewerb im Vorfeld erlauben könnte. Am liebsten wäre den meisten, wenn sich Laschet, Spahn und Merz untereinander auf einen Kompromiss verständigen könnten.

Es hat bereits erste Kontakte zwischen den Lagern gegeben. Bislang sei klar, dass Kramp-Karrenbauer bei der Suche nach einem Kompromiss die zentrale Gesprächspartnerin sei, sagt einer der Beteiligten. Die CDU-Chefin hat Spahn, Merz und Laschet bereits zu Einzelgesprächen eingeladen. Weil sie aber von Freitag an auf der Sicherheitskonferenz ist, dürfte es in den nächsten Tagen keine großen Fortschritte geben. "Ich würde mal sagen, ich bin bei der Münchner Sicherheitskonferenz als Verteidigungsministerin sehr, sehr gut ausgelastet, sodass für etwas anderes keine Zeit bleiben wird", sagte Kramp-Karrenbauer bei einem Besuch in Brüssel.

Spekulationen gibt es aber natürlich trotzdem schon. Bisher halten die meisten Christdemokraten, mit denen man spricht, Laschet für den aussichtsreichsten Kandidaten. Er ist Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Der Landesverband stellt mit Abstand die meisten Delegierten auf Bundesparteitagen. Außerdem gilt Laschet als anschlussfähig nach allen Seiten. Wegen seiner Vergangenheit als Integrationsminister und seiner klaren Unterstützung für Angela Merkels Kurs in der Flüchtlingspolitik ist er bei den Grünen wohlgelitten. In Düsseldorf regiert er mit der FDP. Er wäre also auch ein idealer Kandidat für eine Jamaika-Koalition. Im Bundestag haben ja auch Union, Grüne und FDP eine Mehrheit.

Außerdem hat sich Laschet in den vergangenen Jahren auch um die Wirtschaftspolitik und die Innere Sicherheit bemüht. In seinem Landtagswahlkampf hatte er sich von Wolfgang Bosbach unterstützen lassen. Als Innenminister hat er in Herbert Reul einen Mann ernannt, der auch der CSU gefallen würde. Und Friedrich Merz machte er zum Aufsichtsratschef des Flughafens Köln/Bonn.

Es gibt deshalb bereits einige, die sich eine Paketlösung mit Laschet an der Spitze vorstellen könnten. Merz könnte dann die Zusage bekommen, ein wichtiges Ministerium zu übernehmen, Spahn Fraktionsvorsitzender werden. Der bisherige Fraktionschef Ralph Brinkhaus könnte - damit alles im Einvernehmen über die Bühne geht - ebenfalls ein Ministerium bekommen.

Bei einer derartigen Lösung gäbe es aber gleich mehrere Probleme. Zum einen sind alle vier beteiligten Männer Nordrhein-Westfalen, andere Landesverbände dürften sich benachteiligt fühlen. Um das Problem zu verkleinern, müsste wohl die bisherige Bildungsministerin Anja Karliczek - auch sie stammt aus Nordrhein-Westfalen - auf ihr Amt verzichten, sie steht ohnehin in der Kritik.

Dadurch würde aber das zweite Problem noch größer: die Dominanz der Männer. Das könnte jedoch dadurch etwas ausgeglichen werden, dass die CSU mindestens eine Frau zur Bundesministerin macht. Bisher sind alle drei CSU-Ressortchefs Männer.

In der CDU wird allerdings auch diskutiert, ob Laschet angesichts der großen Verluste der CDU auf der rechten Seite wirklich der richtige Kandidat ist. Merz und Spahn hätten hier deutlich mehr Zugkraft. Außerdem wird befürchtet, eine Entscheidung für den Merkel-Nahesteher Laschet könnte von den Wählern als einfaches "Weiter so" wahrgenommen werden. Dies wäre - vor allem in Ostdeutschland - eine erhebliche Belastung.

Das Lager von Merz verweist auf Umfragen, die belegen sollen, dass Merz am ehesten Wähler von der AfD zurückholen könnte. Umgekehrt wird befürchtet, dass Merz zu sehr polarisiert und nicht in der Lage sein könnte, in der zerrissenen Partei Brücken zu bauen.

Es ist also noch alles offen. Das gilt auch für den Zeitplan. Aus der CDU-Zentrale verlautet, es sei noch nicht abzusehen, ob es einen Sonderparteitag geben werde - regulär treffen sich die Delegierten erst im Dezember wieder. Einen Extraparteitag muss der Bundesvorstand beschließen. Der trifft sich aber erst am 24. Februar wieder. Und wegen der Vorgaben der Satzung kann ein Parteitag frühestens zwei Monate nach einem Vorstandsbeschluss stattfinden. Bis klar ist, wer die CDU in die Zeit nach Merkel führt, wird es also noch dauern.

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