Merkel zu Besuch in China: Jedes Jahr ein Treffen

Die Kanzlerin in Peking: Merkel und Ministerpräsident Wen wollen enger kooperieren. Kritik an ihrer exportorientierten Wirtschaft weisen beide zurück. Allerdings ist man sich nicht in allen Punkten einig.

Deutschland und China wollen ihre Beziehungen ausbauen und jährliche Treffen der Regierungschefs einführen. "Wir wollen die Beziehungen auf eine völlig neue Ebene stellen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit Ministerpräsident Wen Jiabao. Auch dieser betonte, dass die strategischen Beziehungen ausgeweitet werden sollen. Ausdrücklich nannte er dabei eine engere Abstimmung beider Länder bei der Bewältigung der internationalen Wirtschaftskrise.

In einem gemeinsamen Communiqué beteuern beide Regierungen zudem das Ziel, sich für den schnellen Abschluss eines Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und China einzusetzen. Zugleich wiesen Merkel und Wen Jiabao den Vorwurf zurück, die beiden Länder seien mit ihren Exportüberschüssen mitverantwortlich für Ungleichgewichte in der Welt.

"Beide Länder streben nicht Überschuss an sich an", betonte Wen. Vielmehr sei man an mehr wirtschaftlichem Austausch insgesamt interessiert. Beide hätten zudem einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Weltwirtschaft nach der Krise geleistet und sich protektionistischen Maßnahmen widersetzt. "Man sollte Deutschland und China nicht beschuldigen, sondern würdigen", ergänzte Wen.

Merkel in der Offensive

Auch Merkel ging gegen die Kritiker in die Offensive. "Man kann Produkte nur verkaufen, wenn sie wettbewerbsfähig sind. Deutschland ist stolz auf seine Wettbewerbsfähigkeit", sagte sie.

Merkel wehrte zudem Kritik ab, Deutschland kurbele die Binnenkonjunktur nicht genügend an. "Wir halten nichts davon, künstlich Importe zu erleichtern, indem wir uns weiter verschulden. Importe und Exporte müssten auf wirklicher Leistungskraft beruhen." Mit China sei man einer Meinung, dass die Defizite der öffentlichen Haushalte nicht mehr als drei Prozent betragen dürften - dies ist auch der Grenzwert im Europäischen Stabilitätspakt.

DFB-Team begeisterte China

Einig waren sich die beiden auch in der Bewertung der deutschen Fußballnationalmannschaft - diese hat sich mit ihrem Auftreten in Südafrika auch große Sympathien in China erworben. Wen sagte, dieses Mal habe Deutschland eine "sehr junge und leidenschaftliche Mannschaft" gehabt. China sei davon "sehr beeindruckt" gewesen.

Auf anderen Feldern zeigten sich hingegen Differenzen zwischen beiden Regierungen. Zum einen betonte Merkel, dass zu einem fairen Wettbewerb der Volkswirtschaften auch gehöre, dass auf Dumping verzichtet werde. "Dazu gehört auch ein vernünftiges Wechselkursregime." Beides zielt auf China, dem vorgeworfen wird, eigene Exporte zu subventionieren und dank der staatlich gelenkten Devisenpolitik künstlich billig zu halten. Merkel lobte aber, dass China mit der teilweisen Freigabe des Yuan einen "vernünftigen Schritt" gemacht habe.

Die Kanzlerin wies chinesische Forderungen zurück, die EU solle dem Land bereits jetzt den Status als Marktwirtschaft einräumen. Dies würde den Import chinesischer Waren erleichtern. "Es sind noch nicht alle Kriterien erfüllt", betonte sie. China müsse noch offene Fragen beim Schutz des geistigen Eigentums klären und ausländischen Firmen einen besseren Zugang zu den eigenen Märkten gewähren. Sie wolle sich mit Wen erneut absprechen, bevor die EU im September erneut über den Status berate. "Wir wollen die Entscheidung nicht auf die lange Bank schieben", betonte Merkel.

Betont freundlicher Empfang

Denn gerade die Wirtschaftsbeziehungen zu China seien von allergrößten Bedeutung. Das betonten auch die mitgereisten Firmenvertreter. Denn die Wirtschaft Chinas wuchs nach den jüngsten Zahlen der Regierung um 10,3 Prozent im zweiten Quartal, nach 11,9 im ersten. Die Industrieproduktion stieg um 13,7 Prozent. Zugleich teilte das chinesischen Handelsministerium mit, dass die Auslandsinvestitionen in China im Juni um 39,6 Prozent auf 12,5 Milliarden Dollar gestiegen sind - soviel wie zuletzt vor der Weltwirtschaftskrise.

Die chinesische Seite hatte den Besuch protokollarisch sehr hoch angesiedelt. Merkel wurde bei ihrem vierten Besuch Chinas als Kanzlerin mit militärischen Ehren empfangen. Nach einem Treffen mit Präsident Hu Jintao wird sie am Samstag zudem von Ministerpräsident Wen noch in die Provinzstadt Xian begleitet.

Merkel hatte zuvor beim deutsch-chinesischen Dialogforum betont, die Medien hätten sowohl kritische wie aufklärerische Funktion. Diese nähmen sie auch wahr. Wen forderte die Medien dagegen auf, sehr viel stärker die positiven Seiten der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit herauszustellen. Am Freitagnachmittag wollte Merkel sich noch mit Vertretern der Zivilgesellschaft treffen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: