Merkel vor US-Kongress:"Niemals werden wir Ihnen das vergessen"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei ihrer mit Spannung erwarteten Rede vor dem US-Kongress den Vereinigten Staaten für ihre Hilfe bei der deutschen Wiedervereinigung gedankt. Gleichzeitig lobte sie die "besondere Partnerschaft" zwischen Europa und den USA.

Mit zum Teil sehr persönlichen Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den Vereinigten Staaten für die Unterstützung bei der Wiedervereinigung Deutschlands gedankt. Vor ihrer mit Spannung erwarteten Rede wurde sie mit lautem Applaus im US-Kongress begrüßt.

Merkel vor US-Kongress: Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem US-Kongress

Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem US-Kongress

(Foto: Foto: AFP)

"Ich weiß, und wir Deutsche wissen, wie viel wir Ihnen, unseren amerikanischen Freunden, verdanken. Niemals werden wir - werde ich ganz persönlich - Ihnen das vergessen", sagte Merkel am Dienstag in Washington bei ihrem Auftritt vor den beiden Kammern des Parlaments. Ihre Rede wurde mehrmals von stehenden Ovationen unterbrochen.

Eine Jugend hinter Mauern

Merkel erinnerte an Konrad Adenauer, der vor mehr als 50 Jahren im US-Kongress gesprochen hatte. "In wenigen Tagen schreiben wir den 9. November", an dem die Berliner Mauer fiel, erklärte die Kanzlerin unter dem lauten Beifall der Abgeordneten. Es sei aber auch der Jahrestag der Reichspogromnacht, sagte Merkel, die nach den kurzen englischen Dankesworten am Anfang ins Deutsche wechselte.

Merkel sprach von ihrer Jugend in der DDR hinter Mauern. Sie habe sich nie vorstellen können, in die USA zu reisen oder gar vor dem amerikanischen Kongress zu stehen. Sie habe sich damals für Jeans "einer bestimmten Marke" und für die Weite der amerikanischen Landschaft begeistert. "Das hätte ich mir vor 20 Jahren in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt", sagte sie über ihren Auftritt.

Die Kanzlerin erinnerte auch an die Berliner Luftbrücke und dankte den Amerikanern für diesen Einsatz, dem Deutschland immer ein ehrendes Andenken bewahren werde. "Niemals werden wir Ihnen das vergessen", sagte sie.

Sie erinnerte an die Präsidenten John F. Kennedy und Ronald Reagan, die sich für Deutschland einsetzten. Auch US-Präsident George Bush sen. habe Deutschland Partnerschaft und Führung angeboten.

"Besondere Partnerschaft"

Merkel sagte, 20 Jahre seien seit dem Mauerfall vergangen. Alles sei nun möglich, zitierte sie Ex-Präsident Bill Clinton; auch, dass eine Frau wie sie nun hier vor dem Kongress stehen könne. Das Denken in Bündnissen führe in eine gute Zukunft, erklärte sie und verwies dabei auf die "besondere Partnerschaft" zwischen Europa und den USA.

Mit scharfen Worten äußerte sich Merkel zum Konflikt über das iranische Atomprogramm. "Eine Atombombe in der Hand des iranischen Präsidenten, der den Holocaust leugnet und Israel das Existenzrecht abspricht, darf es nicht geben", sagte die CDU-Chefin. Nicht nur Israel werde bedroht, sondern die ganze freie Welt. "Wer Israel bedroht, bedroht auch uns." Doch sei die Sicherheit Israels für Deutschland niemals verhandelbar. Notfalls müssten harte wirtschaftliche Sanktionen verhängt werden.

Mit Begeisterung der Demokraten, aber eisigem Schweigen in den Reihen der Republikaner wurden Merkels deutliche Worte zum Thema Klimaschutz aufgenommen. "Wir alle wissen: Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir brauchen eine Einigung auf der UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen", sagte die Kanzlerin. Zentrales Ziel müsse es sein, die globale Erwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen.

Eine globale Ordnung für die globale Wirtschaft

Forderungen aus den USA nach mehr deutschen Soldaten in Afghanistan konterte Merkel mit dem Hinweis, dass Deutschland dort bereits das drittgrößte Truppenkontingent stelle. Sie warb für das Konzept der "vernetzten Sicherheit" aus zivilem und militärischem Engagement und sagte, das Ziel müsse eine "Übergabestrategie in Verantwortung" sein. Diese müsse auf einer UN-Konferenz 2010 entwickelt werden. "Deutschland stellt sich dieser Verantwortung."

Zur Finanzkrise sagte Merkel, die Welt müsse die Lektion lernen, dass die globale Wirtschaft eine globale Ordnung brauche. Es gehe um mehr Transparenz und Kontrolle der Finanzmärkte, sonst werde der Missbrauch von Freiheit wieder Instabilität fördern.

Merkel beschloss ihre Rede mit englischen Worten; anschließend applaudierten die Senatoren und Abgeordneten zwei Minuten für die deutsche Kanzlerin. Die Rede Merkels vor dem US-Kongress gilt als besondere Ehre.

Obama sagte vor dem Treffen mit Merkel, Deutschland sei ein außerordentlich wichtiger internationaler Partner der USA. Der US-Präsident nannte dabei die Beteiligung deutscher Soldaten an den internationalen Schutztruppen in Afghanistan. Er schätze Merkel als starke, energische Kanzlerin mit klaren Vorstellungen zu den wichtigen politischen Fragen.

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