Merkel und Steinmeier im Clinch:"Einlullerin" gegen "Zahlenspieler"

Kanzlerin und Kandidat kritisieren sich gegenseitig für ihren Wahlkampfstil - auch Ulla Schmidts Dienstwagen wird nicht verschont.

S. Höll, Berlin

Mit wechselseitigen Vorwürfen und Rügen am Verhalten der jeweils anderen Volkspartei haben CDU und SPD am Dienstag den Vorwahlkampf eröffnet. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel wies nach ihrer Rückkehr aus dem Sommerurlaub die Kritik ihres SPD-Herausforderers Frank-Walter Steinmeier zurück, sie und ihre Partei scheuten eine offene Auseinandersetzung über zentrale politische Fragen. Auch die Union beschäftige sich im Wahlkampf damit, wie in der Wirtschaftskrise Arbeitsplätze gesichert und neue Jobs geschaffen werden könnten.

Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel, ddp

Sticheleien im Wahlkampf: Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel, Partner im Kabinett, Rivalen im Kampf um die Kanzlerschaft.

(Foto: Foto: ddp)

Steinmeier warf sie indirekt vor, mit seinem Plan zur Schaffung von vier Millionen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2020 zu hohe Erwartungen zu wecken. "Was ich nicht gut finde, ist, wenn man Zahlenspiele jetzt macht, die wir, glaube ich, alle nicht einschätzen können", sagte sie dem Sender RTL. Politiker sollten sich ehrgeizige Ziele stecken. "Aber wir sollten auch nichts versprechen, was wir nicht versprechen können und was wir auch gar nicht überblicken können", fügte Merkel hinzu.

Stunden zuvor hatte Steinmeier Merkel und der Union vorgeworfen, die Öffentlichkeit in Wahlkampfzeiten "einzulullen" und die Auseinandersetzung über zentrale politische Fragen wie etwas die Massenarbeitslosigkeit zu scheuen. "Respekt vor dem Wähler kommt darin nicht zum Ausdruck", monierte er in Berlin. Er mokierte sich auch über den Plan Merkels, im September mit einem Eisenbahnzug auf Wahlkampfreise zu gehen. "Ein Nostalgiezug scheint mir nicht das richtige Symbol zu sein", sagte er.

Ungeachtet der bislang schlechten Umfragewerte sah Steinmeier sich und seine Partei mit seinem Deutschland-Plan zur Vollbeschäftigung für den Wahlkampf gut gerüstet. Zwar fände auch er bessere Werte schöner, doch hätten 60 Prozent der Wähler noch nicht entschieden, für wen sie am 27. September stimmen würden. "Ich will keinen Wahlkampf um die bescheidensten Ziele. Ich will einen Wahlkampf um ehrgeizige Ziele", sagte er.

Sehr zurückhaltend äußerte sich Steinmeier zu den Koalitionsaussichten der SPD nach der Bundestagswahl. Die Option eines Ampelbündnisses mit Grünen und FDP nannte er nicht mehr ausdrücklich. Die SPD führe keinen Koalitionswahlkampf, sondern kämpfe dafür, möglichst stark zu werden. Wünschenswert sei eine rot-grüne Koalition. Über alle anderen Möglichkeiten könne man erst nach der Wahl diskutieren.

Bislang hatte die SPD-Führung eine Ampelkoalition stets als Option genannt, falls es, wie allgemein erwartet wird, für eine neue Kooperation mit den Grünen nicht reichen sollte. Intern hofft die SPD-Führung auch auf eine Fortsetzung der großen Koalition. Ihr erklärtes Wahlkampfziel ist es, eine schwarz-gelbe Koalition zu verhindern.

Merkel nahm auch Anstoß an der Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Sie warf der Ministerin mangelnde Sensibilität für das Empfinden der Bürger vor und sagte, diese hätten sich von Schmidt sicher schon früher ein Wort des Bedauerns gewünscht.

Steinmeier nahm die Ministerin dagegen abermals vor Vorwürfen in Schutz und plädierte dafür, die Debatte über den Einsatz ihres Dienstwagens im Spanien-Urlaub zu beenden und stattdessen über "wesentliche" Fragen zu reden. Inzwischen steht auch das Datum für das TV-Duell zwischen Merkel und Steinmeier fest: Die beiden werden am 13. September vor den Kameras miteinander diskutieren.

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