Merkel und der Klimagipfel:Klimakanzlerin kämpft um Kopenhagen

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Kurz vor ihrem Abflug nach Kopenhagen warnt Angela Merkel vor einem Scheitern der Verhandlungen. Es laufe nicht rund, sagt sie in ihrer Regierungserklärung.

B. Kruse

Da steht sie nun, die Klimakanzlerin. In hellgrauem Blazer vor dunkelgrauer Wand. Gerade hat sie mit ihrer Regierungserklärung begonnen. Über den vergangenen EU-Gipfel in Brüssel spricht sie und über die Klimakonferenz in Kopenhagen. Über eine Konferenz, von der sich die Welt die Rettung des Klimas erhofft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Die Nachrichten, die uns erreichen, sind nicht gut." (Foto: Foto: Getty Images)

Doch Angela Merkel ist in ihrer Rede noch nicht einmal bei ihrem Kernthema angekommen. Noch spricht sie vom Lissabon-Vertrag, von Finanzmärkten, von Schuldenregeln und dem Stabilitätspakt. Da treffen die ersten Eilmeldungen ein: "Dänen geben Klimaabkommen auf." Sind die Verhandlungen schon gescheitert, bevor die Kanzlerin und US-Präsident Obama in Dänemark eintreffen? Bereits in der Nacht sollen China und Brasilien die Gespräche abgebrochen haben. Doch vieles, was derzeit durchsickert, dürfte auch Teil des Klima-Pokers sein, in dem um Zahlen und Begriffe gefeilscht wird.

So räumt auch Merkel ein: "Die Nachrichten, die uns erreichen, sind nicht gut." Doch sie hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Kopenhagen dennoch zu einem Erfolg werden könnte - oder werden muss. Denn sollte der Klimagipfel hinter den Erwartungen zurückbleiben oder gar scheitern, "riskieren wir dramatische Schäden", sagt sie. "Keiner wird verschont sein." Vor allem die ärmsten Staaten werde es besonders treffen.

Deswegen steht für Merkel auch fest: In der dänischen Hauptstadt muss es eine verbindliche Verpflichtung geben. "Wir brauchen eine für alle Staaten geltende Verpflichtung zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels." Sollte dies nicht gelingen, "dann ist Kopenhagen gescheitert", betont sie.

"In dieser Stunde" wisse sie nicht, "ob das gelingt". In Kopenhagen will Merkel jedoch alles versuchen, "zusammen mit unserem Umweltminister", die Ziele zu erreichen. Derzeit sei allerdings "kein vernünftiger Verhandlungsprozess" in Sicht, gesteht sie ein. Erneut mahnt sie größere Klimaschutzbeiträge und Zusagen der USA und Chinas an, um den Verhandlungen zum Durchbruch zu verhelfen.

Die Zusagen der EU, die Emissionen bis 2020 um zwanzig Prozent zu reduzieren, liegen auf dem Tisch. Doch im Moment fehle es noch "an Angeboten der anderen Staaten". Die Offerte der USA, ihre Emissionen um vier Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, bezeichnet sie als "nicht ambitioniert genug".

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Ärmere Länder sollen mit EU-Soforthilfen von 7,2 Milliarden Euro dazu gebracht werden, ihre Beiträge zum Klimaschutz zu leisten. Auch die Schwellenländer müssten einen Beitrag einbringen, so Merkel. Ohne ihre verlässlichen Zusagen, vor allem von China und Indien, mache ein Abkommen keinen Sinn.

Merkel hofft darauf, dass in der Schlussrunde mit mehr als 100 Staats- und Regierungschefs noch der Durchbruch gelinge. Für sie ist Kopenhagen der "herausragende Prüfstein", ob die Welt einen "neuen Pfad der globalen Entwicklung" gehen wird.

"Schwierige Gefechtslage"

Bereits vor Merkels Rede sprach Vize-Fraktionschef Christian Ruck (CSU) von einer "ganz schwierigen Gefechtslage" in Kopenhagen und mahnte: "Wenn es ein Erfolg werden soll, dann müssen alle wollen."

Auch bei seinem Amtskollegen von der SPD, Ulrich Kelber, mischten sich Skepsis und große Erwartungen an den Gipfel. Es dürfe "keinen Minimalkonsens" geben, warnte er. In Kopenhagen müssen man einen Abschluss erzielen, der so nahe wie möglich an den Forderungen der Wissenschaftler ist.

Jetzt ruhen die Hoffnungen der Abgeordneten auf der Kanzlerin, die noch im November auf der Kabinettsklausur auf Schloss Meserberg verkündet hatte: "Wir müssen alles tun, damit es schnell zu einem verbindlichen Abkommen kommt". An diesen Worten wird sie nun gemessen werden bei ihrer Reise nach Kopenhagen. Jetzt wird sich zeigen, ob sie, die Klimakanzlerin, die nötige Stärke besitzt, die Regierungschefs der anderen Länder noch umstimmen zu können. Es wird nicht einfach.

In Kopenhagen wird Merkel auf eine gedrückte Stimmung treffen. Etwa 48 Stunden vor Ende des Klimagipfels wächst die Sorge über ein mögliches Scheitern. In der Nacht sind die Verhandlungen zunächst abgebrochen worden - ohne Ergebnis. "Es sieht nicht gut aus. Wir sind immer noch bei Verfahrensfragen", klagte ein Delegationsmitglied.

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