Merkel und das NPD-Verbot:Kämpfen sollen die anderen

Die Bundesregierung wird keinen eigenen Verbotsantrag gegen die NPD stellen. Das offenbart die deprimierende Rückgratlosigkeit der schwarz-gelben Regierung im Kampf gegen rechts. Um das "Ob" eines Antrages geht es längst nicht mehr.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Ein wenig verhält es sich wie mit einer Demo gegen Rechts. Da stehen tausende Menschen zusammen und versuchen, wie jüngst in Dresden, den braunen Mob aufzuhalten. Sie gehen das Risiko ein, verletzt zu werden, stehen mit Leib und Person für die Sache ein. Andere dagegen sitzen hinter der Fensterscheibe eines benachbarten Cafés, sehen bei gedecktem Apfelkuchen zu und denken sich: Schon richtig, gegen die NPD zu demonstrieren. Dann rühren sie in ihren Tassen und wenden sich der Beschaffenheit der Sahne zu.

Gemütlich ins Café gesetzt hat sich gerade auch die Bundesregierung. Sie wird keinen eigenen Antrag für ein NPD-Verbotsverfahren stellen. An diesem Mittwoch wird das Bundeskabinett das so beschließen. Mit dürftigen Argumenten. Ja, die Regierung unterstützt den Bundesrat und damit die Länder auf ihrem Weg nach Karlsruhe.

Aber selbst vor dem Bundesverfassungsgericht einen Antrag stellen, die rechtsextreme NPD zu verbieten, das will sie dann doch nicht. Vor Gericht sei es ja unerheblich, ob ein, zwei oder drei Verfassungsorgane den Verbotsantrag einreichen, heißt es. Da dürfe das nicht überbewertet werden.

Juristisch mag das stimmen. Das Gericht wird den Antrag wohl nicht weniger gründlich prüfen, nur weil die Bundesregierung und somit sehr wahrscheinlich auch der Bundestag als Antragsteller ausfallen.

Politisch aber sieht das so aus: Die Regierung will im Café lieber Sahne schlabbern als draußen etwas zu riskieren - und sei es nur, sich die Schuhe dreckig zu machen.

Für die NPD ist das jetzt schon ein Sieg. Die Bundesregierung ist ja offensichtlich der Auffassung, dass die Beweise, die federführend CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich gesammelt hat, nicht ausreichen, ein Verbotsverfahren gegen die NPD erfolgreich zum Abschluss zu bringen.

Es geht nicht mehr um das "Ob" eines Antrags

Würde es tatsächlich noch darum gehen, dann wäre das ein berechtigter Einwand. Es gäbe noch mehr davon: Dass die NPD finanziell so schwach ist, dass sie kaum noch kampagnenfähig ist. Dass sie sich in ständigen Führungsquerelen selbst blockiert. Dass sie lange Zeit keine nennenswerten Wahlerfolge mehr hatte.

Es geht aber nicht mehr um das "Ob" eines Antrages. Die Länder haben ihn bereits gestellt. Es wird ein Verbotsverfahren geben. Über die Erfolgsaussichten zu spekulieren, ist nur noch eine theoretische Debatte.

Jetzt muss es darum gehen, öffentlich und gemeinsam gegen die NPD zu stehen. Raus auf die Straße zu gehen, sich mit den Ländern in den Wind zu stellen. Das will die Bundesregierung nicht, das will CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel nicht. Diese Nichthaltung ist im Kampf gegen Rechts verantwortungslos.

Na dann: fröhlichen Kaffeeklatsch noch, liebe Koalition.

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