Süddeutsche Zeitung

Merkel-Rivale Jens Spahn:"Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden"

  • Die erste Biographie über Jens Spahn wird in Berlin präsentiert - und der Bundesgesundheitsminister ist mit dabei.
  • Der CDU-Präside wird vom Autor als kommende Kanzler nach Angela Merkel bezeichnet.
  • Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch rechnet in seiner Laudatio mit der aktuellen Bundesregierung ab.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Es gibt unangenehmere Termine als diesen. Jens Spahn, 38 Jahre alt, CDU-Minister, sitzt am Montag in einem Raum voller Journalisten und eigentlich gibt es nur eine Frage an ihn: "Warum sind Sie der richtige Mann für eine Kanzlerschaft?", fragt eine junge Frau. Spahn wiegelt ab. "Im Augenblick würde ich sagen: Ich bin der richtige Mann als Gesundheitsminister."

Ein anderer versucht danach sein Glück: "Man sagt, wenn man Kanzler werden will, braucht man diesen unbedingten, absoluten Willen zur Macht", beginnt er. "Haben Sie diesen unbedingten Willen?" Spahn sagt: "Wenn man, wie ich, nicht nur reden, sondern was verändern will, dann braucht es das Vermögen, etwas zu ändern."

Dass an diesem Vormittag die halbe Hauptstadtpresse über die aktuellen Karrierepläne des Jens Spahn rätselt, liegt an einer Biografie, die der Chefredakteur der Rheinischen Post, Michael Bröcker, geschrieben hat und mit ihm gemeinsam vorstellt.

Auf dem Einband loben der CSU-Altvordere Edmund Stoiber und Österreichs Kanzler Sebastian Kurz den jungen Konservativen, und Bröcker orakelt, dass Spahn "die Bundesrepublik maßgeblich prägen wird".

Auf knapp 280 Seiten führt er dann aus, warum: Spahn, ein Provokateur und Strippenzieher, habe sich schon seit seiner Jugend im Münsterland nicht auf seinem Weg nach ganz oben beirren lassen. Mit unzähligen Sitzungen, Abendessen und Talkshows habe er an seinem flüchtlingskritischen Image gefeilt. Und immer wieder nach Ämtern gegriffen, für die ihn Parteikollegen mal zu jung und mal zu konservativ hielten.

Der einzige Sozialpolitiker der CDU ist Spahn, sagt Spahn

Nun, in der Dämmerung Angela Merkels, sei möglicherweise Spahns Zeit gekommen, schreibt Bröcker. Überschrift: "Kanzler, was sonst?"

Die Laudatio auf das Buch und damit auch auf Spahns Leben hält der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch. Sie gerät ihm zu einer Generalabrechnung mit der Koalition.

Selbst schlechte Ergebnisse bei den anstehenden Landtagswahlen würden bei Union und SPD "nicht zu einem Aufbruch führen". Stattdessen würden sie weiter auf den Tag zusteuern, "wo endlich dann der Krug zerbricht", sagt Bartsch: "Und ich kann mir nur fürs Land wünschen, dass er relativ schnell zerbricht."

"Sie sich auch, Herr Spahn?", fragt die Moderatorin. Jens Spahn lacht, beugt sich vor zum Publikum und sagt: "Natürlich nicht!" Gelächter. So unterschiedlich die politischen Ansichten der beiden Männer auch sein mögen, so ähnlich wirken im Augenblick ihre Wünsche.

Bartsch sagt, er habe mitbekommen, dass bald auch ein Buch über Annegret Kramp-Karrenbauer erscheine. Die CDU-Generalsekretärin wird ebenfalls als mögliche Merkel-Nachfolgerin gehandelt und als moderater Gegenentwurf zu Spahn. Wobei von dessen Schärfe gegenüber Fremden im Augenblick nur wenig zu hören ist.

Als Gesundheitsminister sei er nun einmal der einzige Sozialpolitiker der CDU, sagt Spahn. "Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden", zitiert ihn Bröcker. Politiker mit Herz, das sei Jens Spahns nächstes Karriereziel.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2018/odg
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