Paneuropäisches Picknick 1989:Merkel: "Deutschland wird dies Ungarn nicht vergessen"

Angela Merkel, Viktor Orban, Sopron

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ungarns Regierungschef Viktor Orbán in Sopron.

(Foto: dpa)
  • Bundeskanzlerin Merkel und Ungarns Regierungschef Orbán erinnern in Sopron gemeinsam an das Paneuropäische Picknick von 1989, das als wesentlich für den späteren Mauerfall gilt.
  • Merkel appelliert an die Kompromissfähigkeit der EU-Staaten gerade auch in strittigen Fragen.
  • Bei der gemeinsamen Pressekonferenz versucht die Kanzlerin, Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Ländern hervorzuheben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Ungarn für die Unterstützung bei der Öffnung der Grenzen 1989 und bei der folgenden deutschen Einheit gedankt. Das von der ungarischen Seite ermöglichte Paneuropäische Picknick sei zum Symbol für die großen Freiheitsbewegungen damals geworden. "Deutschland wird dies Ungarn nicht vergessen", sagte Merkel bei einer Pressekonferenz im ungarischen Sopron. "Wir können dieses Ereignis gar nicht hoch genug würdigen", betonte Merkel nach dem ökumenischen Festakt zum 30-jährigen Jubiläum des historischen Tages.

Mehr als 600 DDR-Bürgern war am 19. August 1989 die Flucht über die für das Picknick kurzzeitig geöffnete Grenze gelungen. Das Geschehen war der Vorbote zum Fall der Berliner Mauer im November. "Es wurde Weltgeschichte geschrieben", sagte Merkel. Auch ihr eigenes Leben sei von den Ereignissen 1989 wesentlich geprägt worden.

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán sagte nach dem Gottesdienst, die Ungarn hätten immer gewusst, dass die eigene Befreiung von den Sowjets nur durch die deutsche Wiedervereinigung gelingen könne. Daher sei der deutsche Wiedervereinigungsgedanke seinerzeit in Ungarn mehr unterstützt worden als in Deutschland. Merkel genieße "die Wertschätzung der ungarischen Nation", sagte der ungarische Regierungschef.

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mahnte Merkel die Kompromissfähigkeit der EU-Staaten gerade in strittigen Fragen an. Die neue EU-Kommission mit der neuen Chefin Ursula von der Leyen an der Spitze biete die Chance, Differenzen zwischen den EU-Staaten zu überbrücken.

Orbán sagte über von der Leyen, er habe "unlängst ein persönliches Gespräch mit ihr geführt" und könne "nur das Beste über sie sagen". In seiner Festrede sagte er über von der Leyen und Merkel: "Nach den Gesetzen der Ritterlichkeit ziehen wir den Hut von Weitem vor hart arbeitenden und erfolgreichen Damen."

Teilnahme am Festakt, Gespräch beim Mittagessen, kurze Pressekonferenz: Dieses knappe Programm von Merkel und Orbán gilt als Zeichen dafür, wie sehr das deutsch-ungarische Verhältnis derzeit abgekühlt ist. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz bemühte sich vor allem Merkel, Gemeinsamkeiten zu betonen. Sie nannte Beispiele für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern, die Volkswirtschaften seien "schon sehr miteinander verquickt".

In der EU müsse man sich gemeinsam dafür einsetzen, dass nicht die "protektionistischen Kräfte Oberhand gewinnen". Vielmehr müsse sich die tiefe Verflechtung des Welthandels auch darin zeigen, "dass wir sowohl mit den Vereinigten Staaten aber eben auch mit China und anderen Regionen der Welt einen möglichst bruchlosen Handel haben können". Hintergrund sind die US-Strafzölle gegen China, aber auch andere Staaten weltweit sowie gegen die EU.

Nicht nur in Wirtschaftsfragen, sondern auch beim Thema Flucht und Migration versuchte Merkel, Gemeinsamkeiten mit Ungarn zu finden. So sprach sie nicht über Seenotrettung oder den Umgang mit Schutzbedürftigen, sondern erklärte, man wolle gemeinsam die "Außengrenzen des Schengenraums schützen" und "Schleppern und Schleusern das Handwerk legen". Orbán fährt seit Jahren einen strikten Kurs gegen Zuwanderung.

Orbán erklärte auf Nachfrage, vor 30 Jahren habe Grenzöffnung "Freiheit und Sicherheit" bedeutet, heute bedeute Abschottung an der Südgrenze dasselbe. "In der ungarischen Denke sind diese beiden Verhaltensweisen sehr gut miteinander zu vereinen", sagte der rechtsnationale Regierungschef mit Blick auf die deutsch-ungarischen Verstimmungen wegen der Migrationspolitik.

Deutschland kritisiert zudem immer wieder illiberale Tendenzen der ungarischen Regierung. "Wir haben unser eigenes ungarisches Leben, dafür gibt es verfassungsrechtliche Grundlagen, die in der politischen Diskussion beschützt werden", sagte hingegen Orbán. Er forderte Kritiker auf, das Land zu besuchen und sich persönlich in Ungarn umzusehen.

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