Merkel-Nachfolge:Die Christdemokraten suchen nach dem besten Verfahren

  • Angela Merkel tritt nach 18 Jahren als CDU-Chefin nicht mehr an.
  • Viele wünschen sich eine Mitgliederbefragung zur Nachfolge, doch das birgt gewaltige Probleme.
  • Deshalb wird der CDU-Vorstand auf seiner Klausur stattdessen Regionalkonferenzen beschließen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Demokratie ist oft anstrengend - vor allem dann, wenn man aus der Übung ist. Das erlebt gerade die CDU. Zum ersten Mal seit 18 Jahren muss sich die Partei einen neuen Vorsitzenden suchen. Und dabei stellt die CDU-Spitze gerade fest, dass es gar nicht so einfach ist, ein zeitgemäßes Prozedere zu finden. Formal wird der oder die neue Vorsitzende zwar von den Delegierten des Parteitags Anfang Dezember gewählt. Aber viele Mitglieder möchten bei der Entscheidung mitreden können.

Im Jahr 2000, als die CDU das letzte Mal einen Wechsel an der Spitze zu organisieren hatte, waren zwar einige Protagonisten dieselben wie jetzt. Wolfgang Schäuble trat damals im Zuge der Parteispendenaffäre als Partei- und Fraktionschef zurück. Für seine Nachfolge an der Fraktionsspitze schlug er erfolgreich Friedrich Merz vor. Die beiden sind befreundet, Schäuble hat auch in den vergangenen Wochen mit Merz gesprochen - er gilt als Strippenzieher hinter dessen Kandidatur für die Merkel-Nachfolge.

Außerdem war auch im Jahr 2000 zunächst unklar, wer die Partei künftig führen sollte. Schäuble hat nach eigener Aussage damals im CDU-Vorstand zugesichert, "dass auch eine Mitgliederbefragung durchgeführt werden könne", wenn es mehrere Kandidaten geben sollte. Aber dazu kam es dann nicht. Merkel bewarb sich als einzige um den Vorsitz. Bestrebungen von Merz und anderen, einen Gegenkandidaten ins Rennen zu schicken, scheiterten.

Und damit ist man auch schon beim entscheidenden Unterschied zwischen damals und heute. Diesmal gibt es gleich sechs Bewerber. Neben Merz streben auch Gesundheitsminister Jens Spahn und Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer nach dem CDU-Vorsitz. Außerdem kandidieren der Bonner Völkerrechtsprofessor Matthias Herdegen, der hessische Unternehmer Andreas Ritzenhoff und der Berliner Jura-Student Jan-Philipp Knoop. Aber genau das macht eine Mitgliederbefragung, die sich jetzt viele an der CDU-Basis wünschen, so schwierig.

Das Statut der CDU lässt keinen Mitgliederentscheid zu, abstimmen müssen am Ende immer die Delegierten des Parteitags. Aber das Statut erlaubt eine Mitgliederbefragung, wie sie Schäuble schon 2000 ins Spiel brachte. Die Partei könnte also ein Meinungsbild ermitteln, das der Parteitag dann kaum ignorieren könnte.

Eine derartige Befragung aller Mitglieder hätte am Ende aber vielleicht gar keine Aussagekraft. Denn bei der CDU können sich noch bis zum Parteitag neue Kandidaten melden. Was soll man aber mit dem Ergebnis einer Mitgliederbefragung anfangen, bei der nicht über alle Kandidaten abgestimmt werden konnte?

Außerdem muss der oder die neue Vorsitzende auf dem Parteitag im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit der Stimmen gewählt werden. Wenn diese von keinem Kandidaten erreicht wird, gibt es eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten. Was ist vor diesem Hintergrund aber die Aussage einer Mitgliederbefragung, bei der beispielsweise 39 Prozent für Kramp-Karrenbauer, 35 Prozent für Merz und 25 Prozent für Spahn stimmen? Ist das eine Empfehlung für Kramp-Karrenbauer? Oder für Merz, weil der in einer Stichwahl mit einem Großteil der Stimmen für Spahn rechnen könnte?

Kurzum: Eine Mitgliederbefragung mit zwei Kandidaten wäre sinnvoll, eine mit sechs Bewerbern wäre das bestenfalls dann, wenn es auch eine Stichbefragung mit den beiden Erstplatzierten der ersten Befragung geben würde. Das ist wegen der Kürze der Zeit bis zum Parteitag aber nicht mehr möglich.

Am Sonntag kommt die CDU-Spitze in Berlin zu einer zweitägigen Klausur zusammen, dabei wollen die Granden auch über das Verfahren bis zur Wahl beraten. Wegen der Probleme einer Mitgliederbefragung wird davon ausgegangen, dass die Parteispitze den Wunsch der Mitglieder nach einer stärkeren Beteiligung mit Regionalkonferenzen befriedigen wird. Im Gespräch sind neun Veranstaltungen im ganzen Bundesgebiet, auf denen die Kandidaten sich den Fragen der Mitglieder stellen sollen.

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