Merkel in Moskau:Putin sieht Deutschland als "Partner und Freund"

Kanzlerin Merkel und Präsident Putin in Moskau

Kanzlerin Merkel und Präsident Putin am Grab des Unbekannten Soldaten in Moskau.

(Foto: REUTERS)
  • Gemeinsam am Grabmal des Unbekannten Soldaten: Kanzlerin Merkel und Präsident Putin haben in Moskau an die Opfer des Zweiten Weltkriegs erinnert.
  • Bei einer Pressekonferenz hat Putin Deutschland trotz der gravierenden Meinungsunterschiede im Ukraine-Konflikt als "Partner und Freund" bezeichnet.
  • In ungewöhnlich scharfer Weise hat Merkel die Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland vor einem Jahr kritisiert.
  • Der großen Militärparade zum Tag des Sieges am Samstag war Merkel wie zahlreiche andere westliche Politiker ferngeblieben.

Merkel und Putin gedenken der Opfer des Zweiten Weltkriegs

Am Tag nach der großen Siegesfeier zum Triumph der Sowjetunion über Hitler-Deutschland vor 70 Jahren haben Kanzlerin Angela Merkel und Kremlchef Wladimir Putin in Moskau die Weltkriegsopfer geehrt. Gemeinsam legten sie am Sonntag am Grabmal des Unbekannten Soldaten in Moskau zwei Kränze nieder. Eine Militärkapelle spielte die deutsche und die russische Nationalhymne sowie einen Trauermarsch.

Gespräche über Ukraine-Konflikt auf der Agenda

Anschließend gingen Merkel und Putin zu Fuß durch den Alexandergarten in den Kreml. Dabei unterhielten sie sich angeregt - ohne Dolmetscher, denn Putin spricht Deutsch und Merkel Russisch. "Wir verneigen uns vor den Opfern", sagte Merkel. "Wir haben aus bitteren Erfahrungen gelernt, schwierige Situationen - und eine solche haben wir jetzt - mit friedlichen und diplomatischen Mitteln zu überwinden", sagte die Kanzlerin vor dem Gespräch mit Putin, in dem es vor allem um den Ukraine-Konflikt gehen sollte.

Putin sieht Deutschlandund Russland auf Weg der Versöhnung

"Es ist kein Geheimnis, dass die russisch-deutschen Beziehungen nicht die besten Zeiten erleben - wegen der Ereignisse in der Ukraine", sagte der russische Präsident. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die massiven negativen Auswirkungen der westlichen Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Deutschland und Russland hätten aber trotz "Kränkungen und Verbitterungen" den Weg der Versöhnung eingeschlagen, sagte er und rief zu einer raschen Lösung der Unstimmigkeiten zwischen Russland und Deutschland auf. "Je schneller diese Probleme aufhören, die Beziehungen negativ zu beeinflussen, desto besser."

Trotz der gravierenden Meinungsunterschiede im Ukraine-Konflikt bezeichnete Putin Deutschland als "Partner und Freund". "Wir hatten dort immer Freunde und Anhänger", sagte er bei einer Pressekonferenz. Die Sowjetunion habe im Zweiten Weltkrieg nicht gegen Deutschland, sondern gegen Nazi-Deutschland gekämpft. "Deutschland war selbst das erste Opfer", meinte der Kremlchef. Daher sei es für ihn "ganz natürlich", dass Merkel 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur Ehrung der Opfer nach Moskau gereist sei.

Scharfe Kritik an Russlands Rolle in Ukraine-Krise

Mit Blick auf den Beginn der Krise wählte Merkel bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin deutliche Worte: Die deutsch-russische Zusammenarbeit "hat durch die verbrecherische und völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die militärische Auseinandersetzung in der Ostukraine einen schweren Rückschlag erlitten". Sie sehe darin "eine Verletzung der Grundlagen der gemeinsamen europäischen Friedensordnung". Das Ziel des Minsk-Prozesses sei es letztendlich, "die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine wieder herzustellen".

Beobachter in Moskau überraschte vor allem der Ausdruck "verbrecherisch". Der russische Präsident reagierte zunächst nicht auf die Wortwahl. Moskau sieht die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation im Einklang mit dem Völkerrecht. Die Schwarzmeer-Halbinsel hatte sich im März 2014 in einer umstrittenen Volksabstimmung für einen Beitritt zu Russland ausgesprochen. Die Ukraine sieht das Referendum im klaren Widerspruch zur Verfassung der ehemaligen Sowjetrepublik. Anders als der Westen, der von Annexion - also von einer gewaltsamen und völkerrechtswiderrechtlichen Aneignung - spricht, nennen die Russen den Krim-Anschluss eine "Wiedervereinigung". Putin betont immer wieder, dass es auf der Halbinsel eine Tragödie gegeben hätte wie in der Ostukraine, wenn Russland nicht eingeschritten wäre.

Westliche Politiker boykottieren Militärparade in Moskau

Merkel reiste einen Tag nach der größten Militärparade in der jüngeren Geschichte Russlands zum Tag des Sieges nach Moskau. Es ist der erste Besuch der Kanzlerin in Russland seit einem Gipfel zur Ukraine-Krise im Februar, bei dem Merkel und der französische Präsident François Hollande mit Putin über eine Waffenruhe im umkämpften Osten der Ukraine sprachen.

Die Kanzlerin war ebenso wie viele andere westliche Staats- und Regierungschefs dem Weltkriegsgedenken am Samstag wegen der russischen Haltung im Ukraine-Konflikt ferngeblieben - wegen Russlands Haltung in der Ukraine-Krise. Russland gilt als "Aggressor" in dem blutigen Krieg zwischen der prowestlichen Führung in Kiew und prorussischen Separatisten im Donbass.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: