Süddeutsche Zeitung

Merkel-Besuch in Washington:Trump tritt nach

Die erste Amtshandlung des US-Präsidenten am Tag nach dem Besuch von Merkel in Washington: Via Twitter schickt er ihr einen eisigen Gruß hinterher. Es geht um viel Geld. Was sonst?

Von Thorsten Denkler, New York

Es war ein langer Freitag für Donald Trump. Erst trifft er sich mit Hardcore-Konservativen. Dann mit Veteranen. Das waren die netten Termine. Den Rest des Tages musste er mit der deutschen Bundeskanzlerin verbringen. Der Frau, die Millionen Flüchtlinge ins Land gelassen hat.

Am Morgen danach wacht Trump auf. Und ihm scheint etwas eingefallen zu sein. Etwas, das er Angela Merkel unbedingt noch sagen wollte. Aber dafür gibt es ja Twitter. Seine beiden ersten Tweets am Samstagmorgen widmet er dieser dringenden Sache:

"Egal was Sie von den FAKE NEWS gehört haben, ich hatte ein GROSSARTIGES Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dennoch, Deutschland schuldet...

"... Dennoch, Deutschland schuldet der Nato riesige Summen & die Vereinigten Staaten müssen mehr Geld erhalten für die starke - und sehr teure - Verteidigung, die Deutschland zugute kommt."

Trump tritt nach. Anders ist der kleine Samstagmorgen-Ausfall kaum zu verstehen. Er erweckt den Eindruck, als sei Deutschland gegenüber der Nato und den USA zu irgendwelchen Zahlungen verpflichtet. Wieder ein Beleg dafür, dass Trump nicht ganz verstanden zu haben scheint, wie die Finanzierung der Nato funktioniert.

Richtig ist: Viele Nato-Staaten verfehlen derzeit das Ziel, mindestens zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Auch Deutschland.

Deshalb schuldet Deutschland der Nato aber nicht "riesige Summen". Und schon gar nicht den USA, wie Trump seinem Tweet nach zu glauben scheint. Direktes Geld an die Nato fließt nur in Form von Mitgliedsbeiträgen, mit denen die Nato-eigene Kommando-Struktur finanziert wird. An den Kosten von etwa zwei Milliarden Euro jährlich beteiligt sich Deutschland als zweitgrößter Zahler nach den USA (21,96 Prozent) mit 15,3 Prozent.

Was könnte Trump dann meinen mit den Kosten für Deutschlands Landesverteidigung? Vielleicht möchte er Berlin die horrenden Kosten für mehr als ein Dutzend Militärstandorte in Deutschland, darunter fünf Kommandozentralen wie den US-Stützpunkt Ramstein, der Bundesregierung in Rechnung stellen. Aber davon war keine Rede bisher. Wäre auch schwierig. Deutschland zahlt schon Millionen dafür.

Die Frage der Nato-Finanzierung hat Merkel am Freitag in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Trump offen angesprochen. Schon da hat sie ihm erklärt: Wir haben das Problem längst verstanden. Und längst gelöst. Schon Trumps Vorgänger Barack Obama war es ein Dorn im Auge, dass nur die USA und eine Handvoll anderer Staaten die Zwei-Prozent-Marke einhalten.

Auf dem Nato-Gipfel in Wales haben die Verbündeten deshalb schon 2014 vereinbart, "dass auch Deutschland seine Verteidigungsausgaben erhöhen wird", sagte Merkel. "Wir haben uns in Wales dem Zwei-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2024 verpflichtet, haben im letzten Jahr unseren Verteidigungsetat um acht Prozent gesteigert und werden auch weiterhin in diese Richtung arbeiten." (Der Beschluss dazu steht hier)

Ob mehr Geld sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Manche Experten wie Christian Mölling von der Stiftung Wissenschaft und Politik sähen es lieber, wenn die Nato auf Effizienz gebürstet wird. Statt immer mehr Geld in Verteidigung zu pumpen.

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