Merkel bei Putin:"Wir kommen immer wieder an den Punkt null"

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Wer Positives aus dem gemeinsamen Auftritt von Merkel und Putin ziehen möchte, kann sich auf das berufen, was die beiden Politiker zum deutsch-russischen Verhältnis gesagt haben. (Foto: picture alliance / Yuri Kochetko)

Angela Merkel und Wladimir Putin betonen in Sotschi das gemeinsame Interesse am Frieden in Syrien und der Ukraine. Ihr Auftritt offenbart jedoch auch, wie schwierig Lösungen zu finden sind.

Von Dominik Fürst

Mit 35 Minuten Verspätung traten Angela Merkel und Wladimir Putin in Sotschi vor die Presse - sie scheinen sich ausführlich ausgetauscht zu haben. Die Bundeskanzlerin und der russische Präsident haben bei ihrem ersten Treffen seit sieben Monaten ihr gemeinsames Interesse an der friedlichen Lösung internationaler Konflikte betont. Die gemeinsame Pressekonferenz offenbarte jedoch auch, wie schwierig Lösungen zu finden sind, mit denen beide Seiten leben können.

Wer Positives aus dem gemeinsamen Auftritt von Merkel und Putin ziehen möchte, kann sich auf das berufen, was die beiden Politiker zum deutsch-russischen Verhältnis gesagt haben. Putin schwärmte beinahe, als er betonte, mit Merkel "immer in sachlicher Atmosphäre" und "zum Wohle und Frieden unserer Völker" zu verhandeln.

Merkel wiederum erinnerte gleich zweimal an den bevorstehenden Jahrestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs und an das Leid, das dieser über beide Länder gebracht habe. In diesem Bewusstsein wolle sie das deutsch-russische Verhältnis gestalten.

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Merkel und Putin stellten die eine erfreuliche Nachricht an den Beginn ihres Auftritts: Trotz der politischen Schwierigkeiten zwischen beiden Ländern bleibe Deutschland der wichtigste Wirtschaftspartner Russlands, so der russische Präsident. Der Warenaustausch zwischen beiden Nationen sei sogar gestiegen, kein Land investiere so stark in Russland wie die Bundesrepublik. Auch Merkel stellte eine "erfreuliche Entwicklung" der wirtschaftlichen Beziehungen fest. Es bleibe ihr Ziel, die wegen des Kriegs in der Ukraine gegen Moskau verhängten Sanktionen wieder aufzuheben, wenn es die politische Situation zulasse.

  • Zum Krieg in der Ukraine

Beide Politiker betonten, wie wichtig eine friedliche Lösung in der Ukraine sei. Das Normandie-Format - die Gespräche zwischen Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland - wollen Merkel und Putin fortführen. Wie zäh sich dies indes gestaltet, betonte die Kanzlerin: "Wir erreichen Fortschritte nur in sehr kleinen Schritten. Wir kommen immer wieder an den Punkt null des Minsker Abkommens, der besagt: Wir brauchen einen Waffenstillstand."

Auch Putin will laut eigener Aussage einen Waffenstillstand, doch er sieht die Schuld im Ukraine-Konflikt bei der Regierung in Kiew, nicht bei den prorussischen Separatisten: Die Situation in der Ukraine sei das "Ergebnis eines verfassungswidrigen staatlichen Umsturzes." Die Territorien im Osten hätten sich nicht selbst abgespalten, sondern würden von Kiew aus isoliert. Dass etwa in den Gebieten um Luhansk und im Donbass der Rubel eingeführt worden sei, liege daran, dass die ukrainische Regierung ihre Währung dort aus dem Verkehr gezogen habe.

  • Zum Krieg in Syrien

"Eine Lösung könne nur friedlich und unter Regie der Vereinten Nationen gefunden werden", sagte Putin und es mutete etwas kurios an, weil es ja Russland ist, das jede Resolution im UN-Sicherheitsrat zu Syrien seit Monaten blockiert. Diktator Baschar al-Assad steht unter Putins Schutz.

Das sagte der russische Präsident in Sotschi freilich nicht. "Wir verurteilen jede Anwendung von Chemiewaffen", sagte er hingegen, und "die Schuldigen am Tod der unschuldigen Syrer müssen gefunden und bestraft werden." Ein Chemiewaffen-Angriff auf die syrische Stadt Khan Scheikhun hatte vor Kurzem 87 Tote gefordert. Frankreich und die USA geben Assad die Schuld dafür.

Merkel sagte wenig zum Krieg in Syrien, außer, dass auch sie einen Waffenstillstand und das Konzept von sicheren Zonen unterstütze.

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