Süddeutsche Zeitung

Corona-Pandemie:Merkel befürchtet mehr als 19 000 Infektionen am Tag

Die Bundeskanzlerin warnt anhand von Hochrechnungen vor einer massiven Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland.

Von Nico Fried und Robert Roßmann, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat davor gewarnt, dass sich das Coronavirus bis Weihnachten auch in Deutschland wieder massiv ausbreiten könne. Wenn der gegenwärtige Trend anhalte, werde man "19 200 Infektionen am Tag" haben, sagte Merkel in einer Video-Konferenz des CDU-Präsidiums, wie Teilnehmer bestätigten. Zuerst hatte die Bild-Zeitung über die Aussage Merkels berichtet. Die Kanzlerin kam offenbar über Hochrechnungen, die sie anhand der aktuellen Entwicklung der Infektionszahlen hatte anstellen lassen, auf diesen Wert. Nach Ansicht Merkels muss das Pandemiegeschehen schnell wieder eingedämmt werden. Priorität habe dabei der Schutz des Schul- und Kitabetriebs sowie des Wirtschaftslebens. Die Frage von Fußballspielen sei dagegen zweitrangig, so die Kanzlerin.

Merkel schaut mit Sorge auf die Entwicklung in anderen Ländern. In Frankreich zum Beispiel ist die Zahl der täglichen Neuinfektionen in der vergangenen Woche auf bis zu 16 000 gestiegen. Für Deutschland meldete das Robert-Koch-Institut zu Wochenbeginn mit 1192 Fällen eine relativ moderate Zahl an neuen Corona-Infektionen. Allerdings sind diese Zahlen an Sonn- und Montagen stets niedriger, weil nicht alle Gesundheitsämter ihre neuen Fallzahlen über das Wochenende melden. Am Ende der vergangenen Woche war die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen in Deutschland auf 2507 gestiegen. Das war der höchste Wert seit April. Den höchsten Stand hatte die Verbreitung in Deutschland im März mit rund 7000 Fällen am Tag erreicht.

Merkel und ihre zuständigen Kabinettsmitglieder besprechen sich an diesem Dienstag mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer, um weitere Schritte gegen die Pandemie abzustimmen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte am Wochenende eine bundesweite Warnampel ins Gespräch gebracht. Für bestimmte Stufen der regionalen Infektionsverbreitung soll demnach ein Katalog einheitlicher Maßnahmen festgelegt werden, die dann von den kommunalen Behörden angewendet werden können. Bereits vergangene Woche hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet einen ähnlichen Vorschlag gemacht. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Vorschläge zu einem Ampelsystem seien "natürlich ein Beitrag zur Diskussion".

Man sei in der Bekämpfung der Pandemie "alles andere als ohnmächtig", sagte Seibert. Es müsse aber beherzt gehandelt werden. Die Bundesregierung will in den Verhandlungen mit den Ländern vorschlagen, Feiern in privaten Räumen auf maximal 25 Teilnehmer zu beschränken, in öffentlichen Räumen auf maximal 50. Das berichteten am Montag Bild und Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf einen Entwurf des Bundes für eine Beschlussvorlage. Dieser sieht zudem ein Bußgeld von mindestens 50 Euro für Personen vor, die in Restaurants falsche Angaben machen, sowie die Möglichkeit regional und zeitlich befristeter Ausschankverbote für Alkohol.

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SZ vom 29.09.2020
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