"Ich möchte Ihnen und dem Unterhaus verkünden, und vielleicht verzeihen Sie mir meine Verspätung, dass ich heute meine Periode habe. Und das hat mich diese Woche schon 25 Pfund gekostet." Mit diesem Satz hat die Abgeordnete Danielle Rowley die Mitglieder des britischen Unterhauses im vergangenen Jahr provoziert - und so ein ähnlicher Satz könnte demnächst im Bundestag fallen. Eine Online-Petition zum Thema Monatshygiene hat das notwendige Quorum von 50 000 Unterzeichnern erreicht. Das heißt, dass der Petitionsausschuss des Bundestags über sie beraten muss. Hinter der Petition stehen offenbar Online-Magazin Neon und dem Start-up Einhorn, das für vegane Kondome bekannt ist. Unter dem Motto #keinluxus hatten sie für ihr Anliegen geworben. Neben der offiziellen beim Bundestag eingereichten gibt es eine Online-Petition, die sich an Finanz- und Familienministerium wendet. Der Titel: "Die Periode ist kein Luxus - senken Sie die Tamponsteuer!"
Eine tatsächliche "Tamponsteuer" gibt es natürlich nicht. Aber für Produkte wie Tampons, Binden oder Menstruationstassen gilt der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent - sie gelten also als "Luxusartikel". Die Petitionen fordern, dass für diese Produkte der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent gelten soll.
Die hohen Kosten benachteiligten Menstruierende, so ihre Argumentation, die sich die Monatsblutung und den damit einhergehenden Bedarf an Hygieneartikeln schließlich nicht ausgesucht hätten. Eine Besteuerung wie die für Grundnahrungsmittel sei also angebracht. Die Initiatorinnen der Online-Petition schreiben: "Wir entschieden uns dazu, den Finger in die Wunde der systemischen Diskriminierung zu legen und etwas gegen die unfaire Besteuerung unserer Monatsblutung zu tun. Eine Ungerechtigkeit, die wir nicht mehr hinnehmen!"
Wie schwerwiegend ist diese "Besteuerung der Monatsblutung"? Vor allem Medien haben in der Vergangenheit versucht zu errechnen, wie viel ein Mensch im Laufe des Lebens für Menstruationsprodukte ausgibt. Die deutschen Schätzungen reichen von etwa 700 bis etwa 1200 Euro, eine amerikanische Berechnung kommt auf umgerechnet 10 000 Euro, die Befragten einer britischen nichtrepräsentativen Umfrage gaben umgerechnet etwa 20 000 Euro an. Wer knapp bei Kasse ist, kann die monatlichen Kosten durchaus zu spüren bekommen, gerade Hartz-IV-Empfänger beklagen sich über die Ausgaben. Vielen Kritikern geht es ums Prinzip. Gerade Feministen argumentieren, dass die Besteuerung vor allem Frauen diskriminiere.
In einigen Ländern, etwa Kanada oder Indien, ist die "Tamponsteuer" bereits abgeschafft, Schottland bezahlt einkommensschwachen jungen Menschen sogar die Produkte. Der Rest Großbritanniens, wo die Abgeordnete Rowley so öffentlichkeitswirksam protestiert hatte, wird sie wohl auch demnächst abschaffen. Im Europaparlament gibt es Bestrebungen, jegliche Besteuerung der Produkte, also sogar eine ermäßigte, zu beenden.
Auch in Deutschland wächst der Unmut, wie beide Petitionen zeigen: Auf der Plattform des Ausschusses sind mehr als 80 000 Unterzeichner eingetragen. Das Pendant auf einer privaten Plattform hat sogar etwa 200 000 Unterzeichner. Die 21 Männer und sieben Frauen im Petitionsausschuss des Bundestags müssen das Anliegen kritisch überprüfen und die Initiatorinnen der Petition persönlich anhören - und entscheiden, ob Handlungsbedarf besteht. Dann könnte irgendwann das Bundestagsplenum über Tampons, Binden und Menstruationstassen debattieren.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es fälschlicherweise, beide Petitionen stammten von denselben Initiatoren.