Menschenrechte:Fotos offenbaren unhaltbare Zustände in US-Grenzgefängnissen

Illegale Einwanderer in den USA

Zusammengepfercht schlafen die Einwanderer auf dem blanken Boden einer kalten Zelle

(Foto: American Immigration Council)
  • Bürgerrechtsaktivisten prangern die US-Grenzschutzbehörde wegen menschenunwürdiger Behandlung von illegalen Immigranten an.
  • Vor Gericht haben sie eine Klage eingereicht.
  • Viele Flüchtlinge werden häufig über Tage in kalten Zellen ohne Betten eingepfercht.

Von Markus C. Schulte von Drach

Bilder und Berichte über unhaltbare Zustände in Lagern wie im griechischen Idomeni haben in der jüngsten Vergangenheit viel Kritik ausgelöst am Umgang mit Flüchtlingen in Europa. Aber auch in den USA ist die Behandlung vieler Immigranten, die von Mexiko aus über die Grenze kommen, so schlecht, dass Bürgerrechtsaktivisten vor dem Bezirksgericht in Tucson gegen die Zoll- und Grenzschutzbehörde (United States Customs and Border Protection, CBP) geklagt haben.

Das American Immigration Council, das National Immigration Law Center, die American Civil Liberties Union (ACLU) und andere Organisationen werfen der CBP schon seit Längerem vor, Immigranten vorsätzlich zu erniedrigen und verfassungswidrig zu behandeln. Der American Immigration Council hat nun Fotos veröffentlicht, die die Vorwürfe offenbar bestätigen.

Es sind Bilder von Überwachungskameras, die die CBP selbst in einer Reihe von Einrichtungen aufgenommen hat, in denen die Einwanderer festgehalten werden, die beim illegalen Grenzübertritt festgenommen wurden. Auf Anweisung von Richter David C. Bury wurden die bislang unveröffentlichten Aufnahmen freigegeben und am Donnerstag veröffentlicht.

Schlafen in der Kälte auf dem Boden

Es sind insgesamt 15 Fotos aus dem Jahr 2015. Zu sehen sind auf einer Aufnahme etwa etliche Menschen, die gedrängt auf dem bloßen Betonboden kleiner Zellen liegen, in wärmende silberne Rettungsdecken gehüllt. In einem anderen Raum haben die Festgenommenen zumindest Holzbänke, auf denen sie dicht an dicht zu schlafen versuchen.

Illegale Einwanderer in den USA

Eine Mutter wickelt ihr Kind auf einer Rettungsdecke

(Foto: American Immigration Council)

Andere Fotos zeigen Kinder und Erwachsene, die sich eine kleine Zelle teilen, die Toilette nur durch eine niedrige Zwischenwand abgetrennt, oder eine Mutter, die ihrem Kind auf einer Rettungsdecke die Windel wechselt, der Boden ist mit Müll übersät. "Hieleras" werden die Zellen von den Immigranten genannt, spanisch für "Kühlbox".

Es sei nachts nicht möglich, das Licht auszuschalten

Jedes Jahr setzt die Border Patrol Hunderttausende Immigranten in ihren Einrichtungen fest, bis entschieden ist, was mit ihnen geschehen soll. Wie die Menschenrechtsaktivisten in einem Report betonen, sind die Zellen eher als Warteräume ausgelegt und nicht für Übernachtungen - weshalb etwa Betten vollständig fehlen. "Trotzdem werden sie routinemäßig so verwendet", heißt es in ihrem Bericht "Detained beyond the limit".

Illegale Einwanderer in den USA

Privatsphäre gibt es hier nicht

(Foto: American Immigration Council)

Der American Immigration Council hatte auf der Grundlage des Freedom of Information Act Einsicht in die Unterlagen der Border Patrol aus neun Grenzkontrollabschnitten erhalten. Daraus geht hervor, dass Immigranten häufig für Tage und manchmal sogar für Monate in deren Einrichtungen untergebracht sind. Darüber hinaus mangele es regelmäßig an angemessener Versorgung mit Nahrung, Wasser und Medikamenten.

Eingesperrt über Tage und Monate

Zwischen September 2014 und August 2015 waren insgesamt 326 8812 Immigranten vor allem aus Mexiko, aber auch aus Guatemala, El Salvador und Honduras in den CBP-Einrichtungen eingesperrt worden. Knapp 70 Prozent von ihnen für mindestens 24 Stunden, fast 30 Prozent für mindestens 48 Stunden und 14 Prozent sogar für mindestens drei Tage. "Offenbar wurden 6814 Personen in Einrichtungen der CBP für eine kurze Unterbringung mindestens für einen Monat festgehalten", schreibt der Council. In Einzelfällen habe es sogar Hinweise darauf gegeben, dass Immigranten für mindestens sieben Monate festgehalten wurden.

Offiziell vorgesehen ist dagegen ein Aufenthalt von nicht mehr als zwölf Stunden, bis die Betroffenen in anderen Einrichtungen untergebracht werden, die für längere Aufenthalte eingerichtet sind.

Illegale Einwanderer in den USA

Der Grenzschutzbehörde zufolge ist es in den Zellen nicht zu kalt

(Foto: American Immigration Council)

Wie die New York Times berichtet, wehrt sich die CBP gegen die Vorwürfe mit dem Hinweis, die Bedingungen in den Einrichtungen sollten nicht anhand von Schnappschüssen beurteilt werden, die die Kläger einreichten. Dort würde rund um die Uhr gearbeitet, und weil nachts am meisten los sei, könne weder eine "traditionelle Schlafunterbringung angeboten werden, noch ist es möglich, das Licht nachts auszuschalten". Die Temperaturen seien nicht zu niedrig, und Müll würde sich höchstens für kurze Zeit ansammeln.

Die Kritiker sehen das anders. Die Bilder, sagte Nora Preciado von der Organisation National Immigration Law Center dem Guardian, ließen keinen Zweifel daran, dass Tausende Immigranten von der Border Patrol auf unmenschliche und verfassungswidrige Weise behandelt würden. "Wir brauchen dringend weitgehende und dauerhafte Reformen, die diese Misshandlungen beenden, die Behörde zur Rechenschaft ziehen und gewährleisten, dass Menschen würdevoll behandelt werden."

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