Melanie Huml:Schlechter Stil

Dass Markus Söder in der Corona-Krise unbedingt Klassenprimus bleiben wollte, rächt sich nun. An diesen hohen Maßstäben muss sich auch Gesundheitsministerin Melanie Huml messen lassen.

Von Katja Auer

Die sogenannte Testpanne in Bayern hat sich zu einem Debakel ausgewachsen, das auf das bislang so vorbildhaft leuchtende Krisenmanagement der Söder-Regierung einen großen Schatten wirft. Gesundheitsministerin Melanie Huml wusste zwei Tage länger als sie zunächst sagte, dass Chaos herrschte an den eilig eingerichteten Teststationen für Reiserückkehrer. Tausende Urlauber bekamen ihre Ergebnisse nicht, Hunderte fuhren infiziert und uninformiert durchs Land - in dem Glauben, schnell benachrichtig zu werden, zumindest wenn das Ergebnis positiv ausfiele. Erfahren hat Huml davon am Montag der vergangenen Woche, öffentlich machte sie es erst am Mittwoch. Dabei betonte sie mehrmals, dass sie erst am Morgen des besagten Mittwochs das Ausmaß erkannt habe. Das ist Grund genug für einen Rücktritt. Den hatte Ministerpräsident Markus Söder vergangene Woche noch abgelehnt, da war allerdings noch nicht bekannt, wie früh sie informiert war. Jetzt schon.

Interne Mails belegen deutlich, dass die Dimension des Problems schon am Montag ersichtlich war. Sie habe gehofft, diese könnten noch gelöst werden, sagt Huml nun, deswegen habe sie zwei Tage abgewartet. Aber dann gab es doch keine Lösung. Ob sie die Situation nun falsch eingeschätzt oder doch erst einmal verschwiegen hat, ist beinahe schon egal. Sie hätte früher reagieren müssen.

Nun lässt sich freilich argumentieren, dass nur der Fehler macht, der überhaupt etwas macht. Und gemacht hat die bayerische Staatsregierung viel in der Corona-Krise, zweifellos. Vieles schnell, manches zu schnell, weil Söder unbedingt Klassenprimus bleiben wollte im Krisenmanagement. Das rächt sich nun. Offenbar konnten die Teststationen auf die Schnelle gar nicht funktionieren, die Software fehlte, das Personal auch. Aber die mobilen Stationen mussten so rasch in Betrieb gehen, weil Bayern wieder Erster sein wollte.

Deswegen trägt die Staatsregierung die politische Verantwortung, in diesem Fall die Gesundheitsministerin. Die Panne - so wurde die Situation schnell bezeichnet - war keine einfache Panne. Und nun kommt ein Kommunikationsdebakel hinzu. Dass zudem ein Behördenleiter als Bauernopfer herhalten und seinen Posten räumen musste, der Chef des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, lässt das Ganze noch erbärmlicher aussehen. Zumal jetzt klar ist, dass aus seinem Haus schon am Montag die Nachricht über die Situation an den Teststationen an das Gesundheitsministerium ging.

Vor dem Gesundheitsausschuss des Landtags verteidigte Huml am Mittwoch noch einmal ihr Vorgehen. Und der Staatskanzleichef verwies auf andere Bundesländer, in denen Reiserückkehrer gar nicht getestet würden. Ob das denn besser sei? Nein, das ist nicht besser. Man könnte auch argumentieren, dass es am allerbesten wäre, wenn die Menschen in diesem Jahr daheim blieben oder wenigstens keinen Partyurlaub machten, dann wären die Tests überhaupt nicht notwendig. Aber das ist nicht der Punkt.

Bayerns Staatsregierung glaubte es besser zu wissen und zu können und konnte es diesmal nicht. Und zeigt jetzt wieder auf andere, um von den eigenen Problemen abzulenken. So kommt zur schlechten Kommunikation auch noch schlechter Stil hinzu. Die Söder-Regierung legt hohe Maßstäbe an - an sich selbst und andere. An diesen muss sich nun auch Melanie Huml messen lassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: