Melania Trump:Will sie den Präsidenten ärgern?

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Dabei gibt es nicht nur beim Erscheinungsbild einiges zu deuten, sondern auch bei ihren Taten. Einige US-Medien gelangen gar zu dem Schluss, sie trolle ihren Ehemann. Ihre Kampagne "Be Best" etwa konzentriert sich auf Anstand im Netz. Sie will damit Kinder vor Cyberbullying schützen. Das ist nicht ohne Ironie, denn ihr eigener Mann gilt als einer der größten Berserker auf Twitter, der kein Blatt vor dem Mund nimmt und laut New York Times schon an die 500 Menschen mit seinen Tweets beleidigt hat. Ist ihr das nicht bewusst? Oder hat sie dieses Thema mit Absicht gewählt, um den Präsidenten zu ärgern?

Bewunderung für Basketball-Star LeBron James, den Trump auf Twitter beleidigte

Weitere Beispiele, die für die Troll-Theorie sprechen: dass sie dem National Park Service zum 102. Jubiläum für seinen "Einsatz für dieses Land" dankte, nachdem Trump zuvor ein Budget gestrichen hatte, das die Entlassung von 2000 Mitarbeitern zur Folge hat. Dass sie bei Trumps erster Rede zur Lage der Nation in einem weißen Hosenanzug erschien, der aussah wie aus dem Kleiderschrank seiner Erzfeindin Hillary Clinton.

Oder dass sie veröffentlichte, sie bewundere das Engagement des Basketballspielers LeBron James, der in Ohio eine Schule eröffnete. Sie würde diese gerne einmal besuchen, ließ sie ausrichten. Zuvor hatte ihr Gatte die Intelligenz von James und dem ebenfalls schwarzen CNN-Moderator Don Lemon auf Twitter in Frage gestellt. Weiteres Indiz: dass sie eine Solo-Reise nach Afrika ankündigte, einen Kontinent, den ihr Mann als "shithole countries" (Dreckslöcher) schmähte, von wo er Einwanderung beschränken wolle.

Dann war da noch ihr Ehestreit an Bord der Air Force One, als sie Medienberichten zufolge gegen den Willen des Präsidenten im Fernsehen den Sender CNN schaute anstatt Trumps Lieblingssender Fox News.

Und als Donald Trump diese Woche nach der Landung auf dem Weg zu einer Gedenkstätte für 9/11-Opfer mit siegesgewiss erhobenen Fäusten und gefletschten Zähnen auf schaulustige Fans zumarschiert, da schleicht Melania Trump gesenkten Hauptes hinter ihm her. Als würde sie denken, das kann doch alles nicht wahr sein.

Die Idee, es handele sich bei Melania Trump um die "First Oppositional Lady", entspringt allerdings auch einem Wunschdenken. Und einer Verklärung von Präsidentengattinnen als Vorbild für alle amerikanischen Frauen. Diese Rolle haben die Ehefrauen in den vergangenen 100 Jahren manchmal gesucht, oft aber auch von den PR-Strategen im Weißen Haus aufgedrängt bekommen.

Als Gattin eines umstrittenen US-Präsidenten ist es wohl selten einfach. Gerade wenn es um eheliches Fehlverhalten geht, ist die Balance delikat: Jackie Kennedy schlüpfte in die Rolle der Architektin eines neuen Stils im Weißen Haus, dekorierte die Räume um und veranstaltete Kulturabende. Sie spielte die gute Ehefrau.

Hillary Clinton wiederum verteidigte ihren Ehemann gegen alle Vorwürfe und sogar nach Berichten über dessen Affären. Das trug ihr unter Anhängern den Ruf einer starken Frau ein - und unter Gegnern den einer Komplizin.

Die Washington Post mutmaßte kürzlich: Wenn Trump eine First Lady hätte wie Hillary Clinton, würde er in der Öffentlichkeit besser dastehen. Doch womöglich versucht sich Melania Trump im Hintergrund zu halten, weil sie gar keinen Interpretationsspielraum geben möchte. Zu keinem Thema.

Als Trumps Anwalt Rudolph Giuliani einmal sagte, Melania "glaube ihrem Ehemann", dass er keine Affäre mit Stormy Daniels hatte, ließ sie durch ihre Sprecherin mitteilen, sie habe niemals ihre Gedanken zu welchem Thema auch immer mit Giuliani diskutiert. Soll heißen: Was ich glaube, weiß nur ich. Hört endlich auf mit den Interpretationen.

Getrennte Schlafzimmer, eigene Hotel-Suiten

Kurz vor der Wahl 2016 war das noch anders. Als Trump auf einem Audio-Tape sagte, er könne jeder Frau zwischen die Beine greifen, weil er berühmt sei, tat sie es als "Jungsgerede" ab. Und als eine Gruppe Frauen an die Öffentlichkeit ging mit Anschuldigungen, Trump habe ihnen ungewollte Avancen gemacht, sagte Melania bei CNN: "Ich glaube meinem Ehemann. Mein Ehemann ist freundlich und er ist ein Gentleman, und er würde das niemals tun."

Kritiker merkten an, dass sich die Verteidigung anhörte, als sei sie auswendig gelernt. Seit bekannt wurde, dass Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen 130 000 Dollar Schweigegeld an Daniels gezahlt hat, sagt Melania gar nichts mehr.

Vor der Wahl erzählte sie der Washington Post, dass Donald und sie sich gegenseitig viel Raum geben würden. Dieser Raum scheint in den vergangenen Monaten größer und größer zu werden. Im Weißen Haus schlafen sie in getrennten Schlafzimmern, auf Reisen haben beide je eine eigene Suite. Trotz der von Bob Woodward beschriebenen "ehrlichen Zuneigung". Melania Trump lebe - so weit es eben gehe - ein "unabhängiges Leben", schreibt Woodward. Sie versuche sich in ihrem Leben so gut es geht auf den gemeinsamen Sohn Barron zu konzentrieren.

Zu einer offenen Rebellion, etwa in Form einer Scheidung, wird es jedoch kaum kommen. Die Ehe der Trumps ist bis ins Detail per Vertrag geregelt. Und auch auf ein Enthüllungsbuch nach Melanias Zeit im Weißen Haus werden die Amerikaner dank Geheimhaltungsvereinbarung wohl vergeblich warten.

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